Julius Gawlik, Saxofonist der NDR Bigband © Steven Haberland Foto: Steven Haberland

"Die künstlerische Arbeit der NDR Bigband ist einzigartig."

Stand: 12.08.2021 06:00 Uhr

Mit 23 Jahren hat der Saxofonist Julius Gawlik gerade sein Studium in Berlin abgeschlossen - und freut sich über den nahtlosen Übergang zur NDR Bigband.

Wer so wichtige Wegmarken im Leben eines Profi-Musikers so schnell erreicht, legt den Verdacht nahe: Musik spielte schon früh eine wichtige Rolle in Ihrem Leben. Stimmt das?

Julius Gawlik: Auf jeden Fall! Allerdings habe ich erst in der 5./6. Klasse auf der Klarinette angefangen, zunächst mit mäßigem Interesse. Als ich 13 Jahre alt war, kam das Saxofon dazu - und ab dann habe ich immer ernster geübt. Dabei war mein Vater - der selbst sehr gut Klavier spielt und Jazz-Fan ist - ziemlich prägend, auch durch einen kleinen Trick: Er machte mir damals nämlich das Angebot, seine gesamte Schallplattensammlung zu digitalisieren - dafür bekam ich von ihm 100 Euro.

Und um die Platten ins mp3-Format zu übertragen, muss man ja tatsächlich jede einzelne komplett abspielen - und zum Teil auch wieder neu anstoßen, wenn sie hängen bleibt, also sprich: Jede einzelne Platte habe ich mir von vorne bis hinten angehört! Ein bis zwei Platten pro Tag, ungefähr über ein Jahr hinweg. Danach habe ich selbst immer mehr gespielt, auch mit meinem Vater im Duo, und dabei erste Solo-Improvisationen probiert. Bis heute spielen wir ab und an zusammen!

Biografisches in Kürze

Jahrgang 1997, geboren in Halle an der Saale, aufgewachsen in Landau in der Pfalz.

Instrumente: Tenorsaxofon, Sopransaxofon, Klarinette, Flöte.

Jungstudent an der Hochschule für Musik Mainz, später Studium an der Universität der Künste in Berlin. Spielte früh im Landesjugendjazzorchester Rheinland-Pfalz und im Bundesjazzorchester. 2014 wurde er als "oustanding soloist" einem Stipendium" der Temple University Philadelphia ausgezeichnet und 2019 mit dem JIB Jazz Preis der Karl Hofer Gesellschaft Berlin. Neben seiner Tätigkeit in der NDR Bigband steht er auch mit eigenen Projekten auf der Bühne.

Seit August 2021 ist er festes Mitglied der NDR Bigband.

Und wann hat Ihre Begeisterung für Bigband und große Klangkörper angefangen?

Gawlik: Das ist auf jeden Fall ein Sound, der mich schon immer fasziniert hat. Ich habe ja eigentlich auch durchgehend in Bigbands gespielt: Erst in der Schul-Bigband, dann im Landesjugendjazzorchester Rheinland-Pfalz, später in den Uni-Bigbands und im Bundesjazzorchester. Inzwischen ist es auch so, dass ich mich immer mehr für Komposition und Arrangements interessiere - und da gibt es in diesem Bereich natürlich auch wahnsinnig viel zu entdecken, das finde ich extrem spannend. Außerdem hat Bigband für mich die extra Herausforderung, dass man dort als Saxofonist oft auch Klarinette oder Flöte spielt, auch das macht mir Spaß.

In der Tat: Auch in der NDR Bigband werden Sie zwar vor allem am Tenorsaxofon zu hören sein, aber eben auch auf anderen Holzblasinstrumenten. Haben Sie selbst ein Herzensinstrument?

Gawlik: Das ist nicht leicht zu beantworten. Die Flöte ist relativ neu dazugekommen. Die meiste Zeit übe und spiele ich sicherlich auf dem Saxofon. Allerdings ist die Klarinette das Instrument, auf dem ich angefangen habe. Deshalb glaube ich schon, dass es da eine besondere Verbindung gibt, weil ich damit quasi das Musikmachen für mich entdeckt habe.

Also: Ich fühle mich auf jeden Fall immer sehr wohl, wenn ich in Ensembles Klarinette spielen kann. Auf der anderen Seite hat gerade das Tenorsaxofon im Jazz so eine riesige Tradition - da kann man gar nicht genug Zeit reinstecken!

Sie sind mit 23 Jahren bei der NDR Bigband eingestiegen - und damit tatsächlich das jüngste feste Bandmitglied aller Zeiten! Ein Großteil der Band ist deutlich älter als Sie. Sorgte das zu Beginn für erhöhte Nervosität?

Gawlik: Bestimmt war ich bei den ersten Vorspielen für den Job sehr aufgeregt. Ich wollte mein Bestes geben, hatte aber ehrlich gesagt nicht erwartet, dass es am Ende klappen würde. Es hatten sich über 150 Leute aus der ganzen Welt beworben - und der Bewerbungsprozess zog sich, auch durch die Corona-Pandemie, einige Zeit hin.

Ansonsten muss ich aber sagen, dass ich mich mit der Band von Anfang an gut verstanden habe. Und es ist ja so: Man macht halt zusammen Musik, und wenn das passt, dann fügt sich der Rest! Der Drive, die Energie, die Disziplin, die in der Band steckt - das fühlt sich gleich an, egal wie alt die Leute sind, mit denen man zusammenspielt.

Was schätzen Sie an der NDR Bigband denn im Besonderen?

Gawlik: Das Konzept der Band, viele herausragende Solisten unter einen Hut zu stecken, ist sehr präsent - in der Probenarbeit, aber auch im Klang der Band bei Aufnahmen und Konzerten. Abgesehen davon, dass die Band als Ganzes tierisch gut klingt, spielen hier sehr individuelle Solisten, die in ihrer Stilistik weit über das "Bigband-Standard-Repertoire" hinausgehen!

Diese musikalische Bandbreite spiegelt sich auch in den Programmen wider, da sticht die NDR Bigband wirklich heraus! Hier wird nicht nur Count Basie und Duke Ellington gespielt - sondern eine riesige Vielfalt auf absolut höchstem Niveau. Dass man mit so einem großen Klangkörper ganz individuell künstlerische Musik und Arbeit leisten kann - das finde ich einzigartig bei der NDR Bigband.

Weitere Informationen
Florian Weber, Jazzpianist und Julius Gawlik, Saxofonist der NDR Bigband  Foto: Steven Haberland

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Moderatorin Jessica Schlage im Interview mit Mitgliedern der NDR Bigband. Neu dabei: Pianist Florian Weber und Julius Gawlik. mehr

Das Interview führte Jessica Schlage. (2021)

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