Hamburger Reaktionen auf Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen

Stand: 02.09.2024 11:35 Uhr

Bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen hat die AfD jeweils mehr als 30 Prozent bekommen. In Thüringen ist sie sogar stärkste Kraft. Aus der Hamburger Politik gibt es erste Reaktionen.

Nils Weiland, einer der beiden SPD-Vorsitzenden in Hamburg, sagte zum schlechten Abschneiden der Sozialdemokraten im Hamburg Journal des NDR Fernsehens, das Ergebnis in Sachsen und Thüringen sei "ziemlich gruselig". Für Hamburg seien aus diesen Ergebnissen jedoch keine Rückschlüsse zu ziehen. Hamburg sei nicht vergleichbar mit Thüringen oder Sachsen - weder gesellschaftlich noch politisch. In Hamburg gebe es eine erfolgreiche sozialdemokratisch geführte Landesregierung mit einem beliebten Bürgermeister, die nicht ideologisch agiere, sondern sich um die Probleme der Bürgerinnen und Bürger kümmere. Auf Bundesebene habe die Ampel-Regierung allerdings ein Reputationsproblem. Die SPD kommt in Sachsen und Thüringen nach dem vorläufigen Endergebnis auf sieben bis acht Prozent.

Grüne: "Ein bitterer Schlag"

Die Grünen sind in Thüringen sogar aus dem Landtag geflogen, dort kommen sie nur noch auf vier Prozent, in Sachsen bleiben sie knapp im Parlament. Die Vorsitzende der Partei in Hamburg, Maryam Blumenthal, sagte dem Hamburg Journal: "Für uns Grüne ist das heute Abend ein bitterer Schlag." Aber auch für die gesamte Demokratie seien die Wahlergebnisse eine Zäsur. "Wir erleben einen Schlag in die Magengrube für alle demokratischen Kräfte." Die Ergebnisse würden allen Angst machen, die für eine offene und vielfältige Gesellschaft stehen.

CDU: In schwierigem Umfeld behauptet

Die stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU-Fraktion in der Hamburgischen Bürgerschaft, Anke Frieling, sagte dem Hamburg Journal, die CDU sei die einzige Partei gewesen, die sich in einem schwierigen Umfeld behauptet habe. In Sachsen ist die CDU nach dem vorläufigen Endergebnis knapp vor der AfD stärkste Kraft, in Thüringen kommt sie auf Platz zwei. Frieling gratulierte dem sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer, der nun in der Lage sei, eine stabile Regierung zu bilden. Auch für den CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt in Thüringen seien die Perspektiven gut. Hintergrund: Bislang haben andere Parteien Koalitionen mit der AfD ausgeschlossen. Die Parteien der Berliner Ampel-Regierung hätten bei den Landtagswahlen ihre Quittungen erhalten, SPD und Grüne seien in Sachsen und Thüringen nur noch Kleinstparteien.

Reinhard Postelt © NDR Foto: Marco Peter
AUDIO: Hamburger Reaktionen auf Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen (1 Min)

BSW spricht von "großartigem Ergebnis"

Zaklin Nastic vom Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sprach von einem "großartigen Ergebnis" für ihre Partei sieben Monate nach der Gründung. Sie gratulierte den Spitzenkandidatinnen in Sachsen und Thüringen, die aus dem Stand Ergebnisse von rund 12 und etwa 16 Prozent holten. Es gebe einen großen Bedarf für eine neue Partei, die sich für Frieden, aber auch den sozialen Ausgleich einsetze.

Die Linke frustriert

Für die Linke sagte der Hamburger Landesvorsitzende Thomas Iwan, die Ergebnisse der Landtagswahlen seien insgesamt "super bitter". In Thüringen sei die Partei zwar solide zweistellig - ein Ergebnis, dass die Partei nicht überall erreiche - aber wenn man sich überlege, woher die Partei komme, sei es frustrierend. Auch in Sachsen gebe es einen Trend, der die Linke nicht zufriedenstellen könne. Dort ist die Linke nicht mehr im Parlament.

AfD: Ergebnisse auch ein gutes Zeichen für Hamburg

Der Hamburger AfD-Chef Dirk Nockemann sagte dem Hamburg Journal, das Ergebnis sei "sehr erfreulich". Die politische Landschaft in Deutschland verschiebe sich allmählich. Auch für Hamburg sei dies ein gutes Zeichen, meinte Nockemann, der auch Spitzenkandidat seiner Partei für die Bürgerschaftswahl 2025 ist. Nockemann forderte am Sonntagabend nach dem starken Abschneiden seiner Partei bei den Wahlen in Sachsen und Thüringen außerdem ein Ende der sogenannten Brandmauern. "Wer jetzt noch an demokratiefeindlichen Brandmauern festhält, statt den Bürgerwillen zu respektieren, der schadet unserer Demokratie nachhaltig", sagte der 66-Jährige nach den ersten Hochrechnungen. Es müsse Schluss sein mit der Ausgrenzung.

FDP: "Das Ergebnis ist mies"

Die FDP ist in beiden Landtagen nicht mehr vertreten. Der stellvertretende Vorsitzende der Hamburger FDP, Andreas Moring, sagte: "Das Ergebnis ist mies, da gibt es auch nichts dranrumzudeuteln. Ich glaube, es ist das Ergebnis von einer Politik, die als zunehmend arrogant wahrgenommen wird." Es gebe ein Bedürfnis nach Protest und nach Pragmatismus. Er sei jedoch zuversichtlich, dass die FDP in Hamburg andere Ergebnisse als in Sachsen und Thüringen hole.

Hunderte demonstrieren in Hamburg gegen Rechtsruck

Demo unter dem Motto "Ob Thüringen oder Hamburg: Kein Fußbreit der AfD!" des Hamburger Bündnisses gegen Rechts. © TeleNewsNetwork Foto: Screenshot
In Hamburg gingen nach dem AfD-Erfolg bei den Landtagswahlen Hunderte Menschen auf die Straße.

Am Sonntagabend versammelten sich in Hamburg rund 750 Menschen, um gegen den Rechtsruck und die AfD zu demonstrieren. Ein Teil der Demonstrierenden startete im Schanzenviertel, ein anderer am Jungfernstieg in der Innenstadt. Sie zogen zur AfD-Parteizentrale an der Schmiedestraße. Die Polizei sicherte die Parteizentrale mit Gittern sowie mehreren Beamtinnen und Beamten.

 

Weitere Informationen
Sahra Wagenknecht (l-r), Parteivorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), Katja Wolf, Spitzenkandidatin des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen, und Steffen Schütz, Landesvorsitzender und Spitzenkandidat des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) in Thüringen, kommen zur Wahlparty des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) im Dompalais. In Thüringen findet am Sonntag die Landtagswahl statt. © Christoph Soeder/dpa

Wahlerfolge für das BSW: Das Zünglein an der Waage

Erst im Januar gegründet, gelingt dem BSW in Thüringen und Sachsen der Einzug in den Landtag - und vielleicht in die Landesregierungen. extern

Fähnchen mit dem Logo der AfD liegen auf einem Tisch. © dpa picture alliance Foto: Daniel Karmann

AfD-Wahlerfolge: Überzeugung statt Protest

Lange galt: AfD-Anhänger wählen ihre Partei vor allem aus Protest. Doch das ist nun anders, der AfD wird mittlerweile Problemlösungskompetenz zugeschrieben. extern

Michael Kretschmer (CDU), Ministerpräsident von Sachsen, geht bei der Stimmabgabe zur Landtagswahl in Sachsen im Wahllokal zur Wahlurne. © picture alliance/dpa Foto: Robert Michael

Landtagswahl in Sachsen: CDU knapp vor AfD, BSW zweistellig

Die CDU erreicht laut vorläufigem Ergebnis 31,9 Prozent, die AfD 30,6 Prozent. Das BSW kommt aus dem Stand auf 11,8 Prozent. Mehr bei tagesschau.de. extern

Björn Höcke, Spitzenkandidat der AfD zur Landtagswahl 2024 in Thüringen. © Swen Pförtner/dpa

Vorläufiges Endergebnis: AfD gewinnt in Thüringen mit deutlicher Mehrheit

Nach Auszählung aller Wahlbezirke liegt die AfD bei 32,8 Prozent, die CDU erreicht 23,6 Prozent. Die Linke stürzt ab, das BSW ist zweistellig. Mehr bei tagesschau.de. extern

Sahra Wagenknecht, Parteivorsitzende des Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), kommt zu einer Pressekonferenz. © Christoph Soeder/dpa

Nach den Landtagswahlen: Tag der Analysen

Auch am Tag danach beschäftigen die Landtagswahlen in Thüringen und Sachsen Menschen im Norden. Dabei rückt das BSW in den Blick. mehr

Dieses Thema im Programm:

Hamburg Journal | 01.09.2024 | 19:30 Uhr

Mehr Nachrichten aus Hamburg

Ein Davidstern auf dem Dach der Hamburger Synagoge. © dpa Foto: Jonas Walzberg

Jahrestag des Hamas-Überfalls: Gedenkzeremonie in Hamburg

Bürgermeister Tschentscher bekräftigte im Vorfeld seine Solidarität mit den Hamburger Juden. An der Veranstaltung nimmt heute auch der Kanzler teil. mehr