Metall-Diebstahl bei Aurubis: Schaden in dreistelliger Millionenhöhe

Stand: 01.09.2023 13:04 Uhr

Die Metall-Diebstähle beim Hamburger Kupferproduzenten Aurubis haben offenbar viel größere Ausmaße als bislang angenommen. Bei einer Inventur hat das Unternehmen festgestellt, dass Metalle im Wert von wahrscheinlich mehr als 100 Millionen Euro fehlen. Deshalb streicht Aurubis seine Gewinnprognose zusammen.

Gold, Silber und andere Edelmetalle fallen bei der Kupferproduktion bei Aurubis an, ebenso beim Recycling. Was genau gestohlen wurde, dazu machte das Unternehmen in einer kurzfristig veröffentlichten Mitteilung an die Aktionärinnen und Aktionäre am Donnerstag keine Angaben. Es wurden aber "erhebliche Abweichungen vom Soll-Bestand sowie bei Sonderproben bestimmter Lieferungen von Einsatzmaterialien im Recyclingbereich festgestellt". Aufgrund dieser Indizien sei davon auszugehen, "dass das Unternehmen Gegenstand weiterer - über die im Juni 2023 veröffentlichten Fälle hinausgehender - krimineller Handlungen geworden ist".

Diebstahl bei Aurubis wohl über Jahre

Im Juni war bekannt geworden, dass eine Diebesbande über Jahre edelmetallhaltige Zwischenprodukte gestohlen haben soll. Damals hatten Staatsanwaltschaft und Spezialeinsatzkräfte Häuser und Wohnungen in Hamburg und dem Umland gestürmt, mehrere Verdächtige wurden verhaftet. Ehemalige und aktive Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Aurubis sowie von Dienstleistern sollen gemeinsame Sache gemacht haben. Aurubis sprach im Juni von einem Schaden in Höhe von 20 Millionen Euro, der durch den jahrelangen Diebstahl entstanden sein soll. Jetzt hat das Unternehmen alle Bestände noch einmal ins Visier genommen - und prüft weiter bis Ende September.

Blick auf die Einfahrt zum Gelände der Aurubis AG im Hafen. © picture alliance/dpa Foto: Marcus Brandt
AUDIO: Aurubis: Gewinnwarnung wegen Diebstahl von Metallen (1 Min)

Aurubis schaltet Landeskriminalamt ein

Derzeit könne nicht ausgeschlossen werden, dass ein Schaden im "niedrigen dreistelligen" Millionen-Bereich entstanden sei, teilte Aurubis mit. Der Konzern hat nach eigenen Angaben das Landeskriminalamt eingeschaltet. Der neue Metall-Diebstahl und die im Juni bekannt gewordenen Fälle hängen nach Einschätzung des Unternehmens vermutlich nicht zusammen. Es sei sehr wahrscheinlich, dass es keinen Zusammenhang gebe, sagte ein Aurubis-Sprecher am Freitag. "Wir können es aber auch nicht mit absoluter Sicherheit ausschließen." Vermutungen zum möglichen Täterkreis wollte der Sprecher nicht äußern. Angesichts der "branchenüblich hohen Standards" bei der Sicherheit, werde aber auch untersucht, "inwieweit interne Täter involviert sind".

Betrug mit Proben bei geliefertem Material?

Nach Informationen von NDR 90,3 könnte es auch sein, dass diese vermissten Metalle nie im Aurubis-Werk waren, sondern dass schon vor der Anlieferung von Elektronikschrott geschummelt worden ist. Aurubis recycelt unter anderem in großem Stil Leiterplatten aus elektrischen und elektronischen Geräten und gewinnt daraus Rohstoffe. Und es besteht offenbar der Verdacht, dass die Lieferanten nicht das gebracht haben, was sie eigentlich sollten - zumindest nicht in der versprochenen Qualität. Von den Lieferungen werden Stichproben genommen, daraus wird dann der Wert exemplarisch bestimmt, wie viele Metalle wie Gold und Silber enthalten sind. Und auf dieser Basis bezahlt Aurubis seine Lieferanten aus ganz Europa. Möglicherweise wurden Proben gefälscht.

Aurubis-Aktie bricht nach Gewinnwarnung ein

Aurubis gab wegen der neuen Erkenntnisse eine Gewinnwarnung heraus. Der Schaden werde das Ergebnis des Geschäftsjahres 2022/23 belasten. Der Prognosekorridor für das laufende Geschäftsjahr 2022/23 von 450 Millionen bis 550 Millionen Euro könne deshalb nicht gehalten werden. Der Kurs der Aurubis-Aktie brach ein. Auch der Stahlkonzern Salzgitter zog seine Ergebnisprognose für das laufende Jahr am Freitag zurück. Salzgitter ist mit knapp 30 Prozent größter Einzelaktionär bei Aurubis.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 90,3 | NDR 90,3 Aktuell | 01.09.2023 | 13:04 Uhr

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