Neuer "Bonhoeffer"-Film: Sogar die Nachfahren protestieren
Dietrich Bonhoeffer war Widerstandskämpfer in der Zeit des Nationalsozialismus. Ein neuer Kinofilm erzählt von seinem Leben und Wirken. Allerdings werden historische Fakten verdreht und verklärt.
New York City. Das Theologische Seminar im Stadtteil Manhattan, Dietrich Bonhoeffer studiert dort von 1930 bis 1931. Als ich im März diesen Ort besuche, läuft in Deutschland gerade der neue Bonhoeffer-Film an. Es geht auch um New York. Die Freundschaft zu Frank Fisher, einem afroamerikanischen Studenten. Bonhoeffer erlebt an seiner Seite den Rassismus dieser Jahre, trifft auf eine sozial engagierte Kirche, feiert Gospelgottesdienste in Harlem, legt sich eine Plattensammlung zu. Das ist der starke Part des Films, sagt mir einer der New Yorker Professoren.
Bonhoeffers Nachfahren haben Protestbrief geschrieben
Die Arbeit des US-Regisseurs Todd Komarnicki erfährt viel Kritik. Von Forschenden, Kirchenvertretern. Die Nachfahren Bonhoeffers haben sogar einen Protestbrief geschrieben. Mehr als einmal werden im Film historische Fakten zugunsten einer frommen Verklärung verdreht oder dramatisch zugespitzt. Anderes ist frei erfunden. Das US-Kinoplakat beispielsweise zeigt Bonhoeffer mit Pistole. Der Theologe gehörte zwar zum Stauffenberg-Kreis, die Hitler mit einer Bombe töten wollten, doch er selbst hat nie eine Waffe getragen. In der deutschen Werbung verschwindet die Pistole.
"Bonhoeffer"-Film: Zu viel Pathos für ein Biopic
Und dann die Hinrichtungsszene. Am 9. April 1945 wird Bonhoeffer im Konzentrationslager Flossenbürg brutal ermordet. Nackt zum Galgen, so berichten Augenzeugen. Im Film schreitet er durch das Spalier der Gefangenen, nickt einigen zu und die Morgensonne streicht golden über den Richtplatz. Für mich: zu viel Pathos für ein Biopic, einen biografisch inspirierten Spielfilm. Am deutschen Hauptdarsteller Jonas Dassler liegt es nicht, der verkörpert Bonhoeffer beeindruckend. Zum Beispiel, als er im geheimen Predigerseminar der Bekennenden Kirche angehenden Pastoren seine Gospelplatten vorspielt.
"Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist"
Welche Titel sich Bonhoeffer in New York zugelegt hat, ist nicht bekannt. In der kirchlichen Hochschule betrachte ich lange ein Gruppenfoto, das ihn mit seinem Freund Frank Fisher zeigt. Vom Studienjahr nimmt er die Überzeugung mit, "Kirche ist nur Kirche, wenn sie für andere da ist." ("Widerstand und Ergebung" - Brief vom 20. Juli 1944) Im Nächsten, in anderen Menschen, ihrem Leiden, begegnet uns Jesus. Für sie sollen wir Christinnen und Christen mutig eintreten.
