Bettlermarsch erinnert an die "Königin der Reeperbahn"
Bei Tag und bei Nacht brummt das Leben auf der Reeperbahn. Für Millionen von Menschen ist das ein Spielplatz für Erwachsene. Aber es ist auch das harte Pflaster für Bettler.
Sie sitzen am Rande des Boulevards sitzen und schlafen im Freien. Die Reeperbahn ist ihr Zuhause. Auch wenn das kaum vorstellbar ist: Manche Menschen leben schon jahrelang an der Reeperbahn.
Eine von ihnen war Inge, die vor vier Wochen verstorben ist. 1970 ist sie als Ingelies geboren und nur 54 Jahre alt geworden. Über 30 Jahre soll sie an der Ecke Reeperbahn/Hamburger Berg gelebt haben. Gestern war ich dort, an der Platane. Wo Inges Nachtlager war, hat jemand Blumen gepflanzt. Ich habe mit Boris gesprochen, der Inge tot aufgefunden hat. Wir haben miteinander gebetet und geweint.
Was können wir gegen Obdachlosigkeit tun?
Was läuft da schief, dass Menschen auf der Straße landen? Was können wir tun? Mich beschäftigt das. Inge war bei vielen bekannt, bei den Ehrenamtlichen der Obdachlosenhilfe ebenso wie bei Touristen. Auch vor Kameras hatte Inge keine Scheu, erzählte aus ihrem Leben, immer frei Schnauze. So hart und herzlich, wie sie eben war. Sie konnte lachen und sie konnte richtig toben, wenn sie wütend war, erzählen mir ihre Freunde, die sie jetzt sehr vermissen.
Alle sind sich einig: Die Königin der Reeperbahn, wie sie genannt wurde, darf nicht einfach so sang- und klanglos verschwinden. Nun macht sich am kommenden Mittwoch um 18 Uhr ein Bettlermarsch auf den Weg über die Reeperbahn bis in die St. Pauli Kirche. Dort werden viele zu Wort kommen, die Inge noch einmal würdigen wollen. So ist es der Wunsch von Familie und Freunden.
Bettlermarsch gedenkt verstorbenen Obdachlosen
Der Kiez trauert um Inge und um alle anderen, die auf Hamburgs Straßen verstorben sind. Allein im letzten Jahr hat man 47 Tote gezählt. Wir dürfen uns daran nicht gewöhnen, auch wenn es unbequem ist. Mir macht es aber Mut, dass da etwas in Bewegung kommt in unserer Stadt, wenn viele Menschen gemeinsam auf dem Bettlermarsch am 30. April zeigen, dass Obdachlose ihnen nicht gleichgültig sind.
