Sendedatum: 06.11.2012 21:15 Uhr

Das kann man nicht verzeihen

Beate Zschäpe meldet sich wieder

Es dauert Jahre bis sie wieder etwas von ihren Kindern hören. Jahre, in denen Hoffnung aufkommt: Vielleicht sind sie ja ins Ausland und haben dort ein neues Leben angefangen. Doch ein Anruf im November 2011 machte alle Hoffnungen zunichte.

Beate Zschäpe © Panorama
Der letzte Anruf von Beate Zschäpe: Sie teilt der Mutter mit, dass ihr Sohn tot ist.

"Da meldete sich eine Frauenstimme, die sagte, hier ist Beate. Und ich habe gefragt, welche Beate? Na Beate! Und ich frage nochmal, welche Beate, ich habe die Telefonstimme nicht erkannt. Und da sagte sie, na Uwes Beate. Und meine erste Frage war: Wollt ihr euch stellen, kommt ihr zurück? Nein. Ich sag warum denn nicht? Dann war ein ganz kleiner Moment Ruhe und dann sagte sie: Frau Böhnhardt, der Uwe kommt nie mehr zurück. Da weiß ich noch, dass ich erstmal Pause machte und da habe ich mich erst getraut die Frage zu stellen: Ist der Uwe tot? Dann war erst mal ne ganze Weile Ruhe. Was soll man auf so eine Nachricht sagen? Ich hab bestimmt hinterher tausend Fragen im Kopf gehabt, aber in dem Moment war mein Kopf vollkommen leer. Vollkommen leer. Nach einer Weile sagte sie dann: Frau Böhnhardt, es tut mir so unheimlich leid, aber die beiden Uwes haben mich beauftragt, noch einmal einen letzten Gruß den Eltern zu schicken."

Trauer um die Opfer

weinender Angöriger eines der Opfer der NSU © Panorama
Unvorstellbarer Schmerz: Ein weinender Angöriger eines NSU-Opfers.

In den Stunden danach erfahren die Böhnhardts von den letzten Stunden ihres Sohnes. Von seinem Banküberfall in Eisenach, seinem Tod in einem Wohnwagen. Und vor allem von seinen Taten. "Mir tun die Familien wirklich unendlich leid, die das erfahren mussten. Vor allen weil sie ja auch noch zu Unrecht beschuldigt wurden. Das ist ganz schlimm, vor allem wenn man nicht weiß, warum sein Vater oder Ehemann sterben muss. Das muss ganz, ganz schrecklich für die Familien gewesen sein. Daran denke ich seit vier Monaten, fast ununterbrochen, jeden Tag, immer. Das was uns passiert ist, aber wir wussten ja warum, und wie es geschehen ist, ist ihnen ja eigentlich noch schlimmer passiert, weil sie nicht einmal wussten warum. Sie wussten es einfach nicht. Aber das hilft den Leuten auch nicht, wenn wir uns entschuldigen, weil wir ihnen nichts getan haben. Wir können auch nicht um Verzeihung bitten, man kann auch nicht verzeihen. Man kann doch niemanden verzeihen, der den Vater und Ehemann umgebracht hat, das kann man nicht verzeihen. Grundlos, Sinnlos, herausgesucht aus einer Gruppe, Ausländer, den nehmen wir, und den nehmen wir. Oder warum den und den nicht? Ich verstehe es nicht."

"Und ich habe mich auch immer dann hinterher gefragt, wie hätte ich denn auf einen Sohn reagiert, wenn er mir lebend gegenübersteht, wo man ihm vorwirft, zehn Menschen mit ermordet zu haben. Wie wäre ich denn damit fertiggeworden? Ich weiß es nicht. Ich habe auch Ihnen schon gesagt, ich weiß nicht, ob ich ihn hätte im Gefängnis besuchen wollen? Wenn er mir gegenübertritt und mich umarmen wollte, wollte ich ihn auch umarmen? Wollte ich das in dem Moment. Hätte ich das gemacht? Ich weiß es nicht."

Dieses Thema im Programm:

Panorama - die Reporter | 06.11.2012 | 21:15 Uhr