Stand: 23.04.2013 15:27 Uhr

Steuerhinterziehung: halbherzige Verfolgung

von Marika Gantz & Jan Körner

Der Fall Uli Hoeneß erregt die Gemüter. Der großzügige und hilfsbereite Präsident des FC Bayern München, der öffentlich immer wieder Großmannssucht und Gier anprangert, hat sich nun durch eine Selbstanzeige wegen Steuerhinterziehung genau bei jenen eingereiht, die er selbst attackierte. Mit der Selbstanzeige versucht er nun straffrei aus diesem Dilemma herauszukommen.

"Ich habe erkannt, dass ich einen schweren Fehler gemacht habe, den ich versuche, mit der Selbstanzeige zumindest halbwegs wiedergutzumachen", sagte der 61-Jährige der "Sport Bild". "Ich will reinen Tisch machen. Das Gesetz bietet ja diese Möglichkeit." Denn anders als andere Straftäter kann ein Steuerhinterzieher ganz legal straffrei bleiben, wenn er es richtig anstellt.

VIDEO: Steuerhinterziehung: halbherzige Verfolgung eines Betrugs (7 Min)

Straffrei leicht gemacht

Und so funktioniert's: Wenn ein Steuersünder kalte Füße bekommt oder durch seinen Anwalt dazu überredet wird, muss er gegenüber seinem Finanzamt all sein Vermögen und seine Einkünfte offen legen. Dabei kommt es darauf an, wirklich alles offenzulegen. Sollte hinterher noch ein zusätzliches Depot, ein zusätzlicher Besitz auftauchen, ist das Recht auf Straffreiheit verwirkt. Wenn wirklich alles auf dem Tisch liegt, muss der geständige Hinterzieher die Steuern nachzahlen plus jeweils sechs Prozent Zinsen pro Jahr.

Wenn mehr als 50.000 Euro nachgezahlt werden müssen, kommen noch einmal fünf Prozent Strafzuschlag obendrauf. Und: die Offenlegung und damit die Selbstanzeige muss erfolgen, bevor die Finanzbehörde oder die Staatsanwaltschaft die Untersuchungen aufnimmt. Es darf also keinerlei Verdacht gegen den Steuersünder geben.

Moderner Ablasshandel

Person steckt sich viele Geldscheine in die Hosentaschen. © Robert Kneschke Foto: Robert Kneschke
Wird Steuerhinterziehung durch die Selbstanzeige zum Kavaliersdelikt?

Kritiker bemängeln diesen modernen Ablasshandel schon seit Jahren. Sie sehen in der Selbstanzeige einen Freibrief für diejenigen, die meist über Jahre unbehelligt den Staat bestohlen haben. Durch die Aussicht auf Straffreiheit wird Steuerhinterziehung durch die Rechtsprechung doch zum Kavaliersdelikt, aller öffentlicher Rhetorik zum Trotz.

Doch ob Uli Hoeneß diese Rechtsprechung hilft, ist noch völlig unklar: Bisher ist nämlich nicht eindeutig geklärt, wann er seine Selbstanzeige abgegeben und ob es nicht eventuell schon vorher Ermittlungen gegeben hat. Denn dann könnte es sein, dass das bayerische Kalkül nicht aufgeht und Uli Hoeneß trotz der Selbstanzeige im Gefängnis landet.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 23.04.2013 | 21:15 Uhr

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