Stand: 22.10.2013 17:25 Uhr

Abzocke: Das miese Geschäft mit der Sehnsucht

von Pia Lenz & Alexandra Ringling

Für Barbara Kluge ist es eine Horrorvorstellung alleine alt werden zu müssen. Aber seit neun Jahren ist sie nun ohne Partner, denn so lange ist ihr Ehemann schon tot. Im "richtigen" Leben war bisher keiner dabei, mit dem sie sich eine längere Verbindung hätte vorstellen können. Und so beginnt die Rentnerin auch Zeitungsannoncen durchzugucken.

Eine Anzeige fällt ihr auf. Doch statt des beschriebenen Mannes meldet sich bei der angegebenen Telefonnummer ein freundlicher Herr von der Partnervermittlung "Amica". Dieser bietet an, dass man sich doch einmal persönlich kennenlernen möge.

6.200 Euro für ein Video

Schon bald darauf sitzt er bei Barbara Kluge im Wohnzimmer, in seinem Gepäck ein Vertrag und eine Kamera, mit der er gleich, nachdem Barbara Kluge unterschrieben hat, vor Ort ein Video dreht. Damit soll sie sich den anderen Singles in der Agentur vorstellen. Kosten für die Rentnerin: 6.200 Euro. Und zwar nur für das Video. Für Partnervermittlungen sollte die Rentnerin noch extra zahlen. Und auch das Blättern in den firmeneigenen Singlekatalogen geht nicht umsonst.

Auf Anfragen von Panorama 3 erklärt der Partnervermittler knapp: "Der Amica-Partnerservice sagt nicht, dass die Anrufer eine Partnervermittlung erwarten dürfen, bei der sie gegen Bezahlung lediglich Adressen oder Telefonnummern bekommen." Stattdessen würden sich die Mitglieder bei Interesse gegenseitig mit ihren DVDs vorstellen können.

Möglichst schnell abkassieren

Rentnerin Barbara Kluge. © NDR
Barbara Kluge brauchte eine Zeit, um den Tod ihres Mannes zu verwinden. Im Alter allein bleiben will sie nicht.

Verbraucherschützern sind Agenturen wie diese schon lange ein Dorn im Auge. Zu viele von ihnen wollen vor allem eines - schnell Geld verdienen. "Der Hintergrund ist natürlich, dass man Partnervermittlungsverträge immer sofort kündigen kann, also mit sofortiger Wirkung", meint Julia Rehberg von der Verbraucherzentrale Hamburg. "Das heißt, wenn ich denn kündige, muss ich nur für die Zeit der Nutzung bezahlen. Und darum möchte ich natürlich als Partnervermittler, dass schon am Anfang viel Geld für Videos oder für die Aufnahme in die Kartei oder für die Anfertigung eines Persönlichkeitsprofils oder was auch immer, zu zahlen ist, damit ich dann eben weniger zurückgeben muss."

Barbara Kluge will sich damit nicht abfinden. Gemeinsam mit ihrem Anwalt Thomas Laske ist sie gegen die Partnervermittlung amica vor Gericht gezogen und hat in erster Instanz Recht bekommen. Noch ist das Urteil nicht rechtskräftig, doch Barbara Kluge wird nicht klein beigeben. Und einen Partner muss sie jetzt eben auf anderem Wege suchen.

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 22.10.2013 | 21:15 Uhr

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