Sendedatum: 21.01.2014 21:15 Uhr

Medikamente: Neue Lieferengpässe im Norden

von Mareike Burgschat, Linda Luft & Jenny Witte

Rabattverträge helfen sparen - dafür wurden sie vor einigen Jahren eingeführt. Sie werden jeweils zwischen einer Krankenkasse und einem Arzneimittelhersteller geschlossen. In den Verträgen ist festgelegt, dass die Versicherten dieser Krankenkasse vorrangig die Medikamente dieses Herstellers bekommen. Dadurch erhält der Hersteller eine gewisse Abnahmesicherheit für seine Medikamente und stellt dafür der Krankenkasse einen geringeren Preis in Rechnung. Zum Vorteil der Hersteller, der Krankenkassen und letztlich auch des Patienten. Eine für alle Seiten gute Lösung, um die Kosten im Gesundheitswesen zu dämpfen. Im Prinzip. Doch es gibt Schattenseiten dieses Agreements.

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Beispiel Kinderheilkunde: Antibiotika gehören dort zu den am meisten verordneten Medikamenten. Über 50 Prozent aller Drei- bis Sechsjährigen haben 2009 ein Antibiotikum verschrieben bekommen. Dieses wird, weil es regelmäßig über eine längere Zeit eingenommen werden muss, oft in Saftform gegeben. Und der muss schmecken, sonst nehmen ihn die Kinder eben einfach nicht. Wenn nun die Krankenkasse durch den Rabattvertrag an einen Hersteller gebunden ist, dessen Saft den Kindern nicht schmeckt, kann es zu ernsten Heilungshindernissen kommen.

Das beste Medikament?

Zudem kommt der Arzt in ein Dilemma: Er schreibt auf sein Rezept ein Medikament, das er für geeignet hält. In der Apotheke erhält der Patient das Medikament mit demselben Wirkstoff, aber evtl. von einem anderen Hersteller, nämlich vom Vertragshersteller der Krankenkasse. Somit kann der Arzt den gutschmeckenden Saft verschreiben, die Apotheke muss trotzdem den nicht so gut schmeckenden Saft des Vertragsherstellers herausgeben, auch auf die Gefahr, dass das Kind ihn nicht nimmt.

Verschiedene Tabletten © Normann Hochheimer/CHROMORANGE
Die Auswahl ist groß, Rabattverträge sinnvoll - aber nicht immer.

Der Arzt hat allerdings die Chance einen Teil seiner Rezepte mit einem kleinen Häkchen zu versehen. Dieses macht er im Kästchen mit der Bezeichnung "aut idem". Durch dieses Häkchen macht er klar, dass dem Patienten genau dieses auf dem Rezept vermerkte Medikament herausgegeben werden soll. Die Crux: Die Häkchen sind kontingentiert, d.h. der Arzt muss sich genau überlegen, wann er auf genau dem Medikament beharrt, das er auch auf dem Rezept aufgeschrieben hat.

Ein weiteres Problem: für Hersteller, die ihre Medikamente  nicht mit einem Rabattvertrag haben absichern können, lohnt sich die Produktion bestimmter Arzneien nicht mehr. Diese sind im Vergleich mit den rabattierten Mitteln zu teuer, der Absatz zu ungewiss. So wird die Produktion gedrosselt. Dennoch gibt es Patienten, die vielleicht chronisch krank sind und  genau dieses Präparat benötigen. Die Folge: es kommt zu Lieferschwierigkeiten und Engpässen. 

 

Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 21.01.2014 | 21:15 Uhr

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