Stand: 15.08.2016 19:40 Uhr

Gefahr durch Jet-Ski-Rabauken

von Barbara Schmickler

Urlaubszeit heißt in Norddeutschland auch Zeit an der Küste. Gerade für Wassersportler bieten sich hier tolle Ziele. Auch Jet-Skis sind gerne unterwegs - zum Beispiel in der Neustädter Bucht. "Es ist ein wahnsinniges Gefühl der Freiheit. Wenn ich sonst auf Wegen und Straßen unterwegs bin, habe ich eine Begrenzung. Auf dem Wasser bin ich frei", sagt Christian Knigge.

VIDEO: Gefahr durch Jet-Ski-Rabauken (9 Min)

Höchstgeschwindigkeiten sind vorgeschrieben

Um Jet-Ski-Fahrern eine eigene Lobby zu geben, hat er den Jet-Wassersport-Verband gegründet. Einige Mitglieder treffen sich regelmäßig in Neustadt und machen Ausfahrten. Dabei können die Jet-Skis mit weit über 200 PS ganz schön schnell werden. Eine Beschleunigung aus dem Stand von 0 auf 100? Möglich!

Erlaubt ist so schnelles Fahren aber nur auf ausgewiesenen Strecken. Meistens müssen sich Jet-Skis - im Amtsdeutsch: Wassermotorräder - an jeweils vorgegebene Höchstgeschwindigkeiten halten. Hier an der Ostsee heißt das: Sieben Stundenkilometer bis 500 Meter vom Ufer entfernt und danach freie Fahrt.

Wettrennen auf den Schweriner Seen

Famile Stagge steht auf der Terasse am Schweriner See. © NDR
Familie Stagge ärgert sich über rücksichtslose Jet-Ski Fahrer auf dem Schweriner See.

Beliebt bei Naturfans und Wassersportlern ist auch die Schweriner Seenlandschaft. Familie Stagge wohnt nicht weit entfernt: "Wir sagen immer, wir wohnen da, wo andere Urlaub machen", sagt Andreas Stagge. Oft geht er mit seiner Frau und den beiden Töchtern eine Runde schwimmen oder macht einen Paddel-Ausflug. Was sie ärgert: Jet-Skis, die sehr schnell sind. Manchmal beobachten sie, wie die Jet-Skis Wettrennen fahren.

Sind die Jet-Skis in Ufernähe, dürfen sie auf den Schweriner Seen höchstens neun Stundenkilometer schnell fahren. Mit mehr Abstand sind bis zu 25 km/h erlaubt. Das Problem: Wie der Naturschutzbund BUND Schwerin beobachtet hat, sind viele Jet-Ski-Fahrer zu schnell unterwegs. Der BUND beobachtet von verschiedenen Stellen aus die Jet-Skis und zeichnet zu schnelle Fahrten auf. Mithilfe der Videoaufnahmen berechnet Volker Thomas vom BUND mit einer speziellen Messmethode möglichst genau die ungefähre Geschwindigkeit der Jet-Skis. Das Ergebnis: Allein in diesem Jahr waren bereits 128 der beobachteten Jet-Skis zu schnell unterwegs. "Wir sind im Paddelboot die schwächsten auf dem See", sagt Karina Stagge: "Ich habe Sorge, dass sie einen nicht wahrnehmen, weil sie ihren Spaß haben wollen. Sie sind im Wettkampfmodus."

Drei Fragen an Volker Thomas, BUND Schwerin

Warum ist Ihnen das Thema Jet-Ski wichtig?

Weil ich Rücksichtslosigkeit von Menschen gegen Menschen und gegen Natur und Umwelt nicht dulden werde.

Ein Unfall mit Todesfolge

Was eine zu schnelle Jet-Ski-Fahrt bedeuten kann? Auf dem Dortmund-Ems-Kanal dürfen Jet-Skis nach Angaben des Schifffahrtsamtes 12 km/h schnell fahren. An einem besonders heißen Tag im August  2012 war ein Jet-Ski-Fahrer in Höhe Meppen auf der Ems unterwegs, wollte zwei Boote überholen. Dabei übersah der Jet-Ski-Fahrer einen jungen Mann, der auf einer Luftmatratze am Ufer lag. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft war der Jet-Ski-Fahrer zu schnell unterwegs. Er überfuhr über den 22-Jährigen. Er ging unter, war offenbar schwer verletzt und schnell bewusstlos. Später konnte er nun noch tot von Tauchern der Feuerwehr geborgen werden.

Josef Cordes war damals am Einsatz der Feuerwehr beteiligt: "Mein Eindruck ist, dass man die Sportgeräte schnell unterschätzt. Mehr Jet-Skis bedeutet eine größere Gefahr, nicht nur für Schwimmer, auch für die Boote. Je mehr Verkehr ist, umso höher ist die Unfallgefahr. Wenn da ein hitziger Jet-Ski-Fahrer unterwegs ist, was dann?", fragt Cordes. Der Jet-Ski-Fahrer wurde inzwischen wegen fahrlässiger Tötung zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung und zu einer Geldstrafe verurteilt

Polizei zu langsam für Jet-Skis

Für Sicherheit auf den Schweriner Seen sind die dreißig Beamten der Wasserschutzpolizei Schwerin zuständig. Ihr Bereich umfasst den Westteil Mecklenburg-Vorpommerns. "Die Fläche ist immens", sagt Polizist Michael Schultzki: "Dass man überall ständig sein kann, ist nicht möglich. Da sind immer Ecken, die man nicht kontrollieren kann." Zudem hat die Wasserschutzpolizei nur ein Messgerät, das derzeit gerade in der Außenstelle Plau gebraucht wird.

Einen zu schnellen Jet-Ski auf frischer Tat zu erwischen, ist für die Beamten auch nicht einfach. "Unser Boot fährt 30km/h, ein Jet-Ski fährt 100km/h. Da kann man sich ausrechnen, welche Möglichkeiten wir haben, einen Jet-Ski zu verfolgen und Ordnungswidrigkeiten zu ahnden", sagt Schultzki. Wie viele Kontrollen durchgeführt werden, wird statistisch nicht erfasst. Weiteren Reglungsbedarf sieht die Landesregierung nicht, wie aus einer Kleinen Anfrage der Grünen hervorgeht, die Panorama 3 exklusiv vorliegt.

Jetsportler Christian Knigge legt großen Wert darauf, dass sich die Mitglieder im Jet-Ski-Verband an die Regeln halten. Jedes Mitglied muss das unterschreiben: "Wir können nur appellieren, sich an die Regeln zu halten und uns das Leben nicht schwer zu machen, damit wir nicht in eine Schubladen gesteckt werden", sagt Knigge.

Weitere Informationen
Eine Jacht auf der Ostsee © picture alliance / 360-Berlin Foto: Jens Knappe

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Dieses Thema im Programm:

Panorama 3 | 16.08.2016 | 21:15 Uhr

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