Ein junger Mann sitzt in einem Kart, Pylonen stehen im Hintergrund © Lena Haamann Foto: Lena Haamann

Junges Kart-Talent aus Bad Segeberg träumt von Formel-1-Karriere

Stand: 20.05.2022 20:27 Uhr

Er ist Landesmeister, amtierender Norddeutscher Meister und "Rookie des Jahres" - und das mit zwölf Jahren. Jetzt darf sich Ricardo Messina zum ersten Mal in einer anderen Klasse beweisen.

von Lena Haamann

Es laufen die letzten Vorbereitungen, in einer halben Stunde geht es los. Ricardo schlägt das imaginäre Lenkrad ganz nach rechts ein und läuft mit gebeugtem Oberkörper um die Kurve auf dem Asphaltplatz. Was komisch aussieht, ist für ihn enorm wichtig. So versucht er sich, die Strecke genau einzuprägen. Wenn Ricardo den Hütchen-Parcours nachher bei 60 Kilometern pro Stunde im Kart bestreitet, kann er sich über den richtigen Weg keine Gedanken mehr machen - dann muss alles sitzen. Auch weil es eine neue Klasse ist, in der er startet. Weil Ricardo jetzt zwölf Jahre alt ist, darf er zum ersten Mal beim "Superkart" mitfahren. Hier ist die Strecke länger, die Konkurrenz älter und die Fahrzeuge sind mit 9,5 PS schneller als in seiner bisherigen Kart-Klasse.

"Das ist schon eine andere Nummer. Weil die Karts schneller sind, muss man viel härter einlenken. Und statt 40 Sekunden fährt man bis zu zwei Minuten lang. Da ist es anstrengend, die Konzentration zu halten", erklärt Ricardo. Vor und hinter ihm auf der Bahn in Lübeck-Blankensee laufen seine Konkurrenten den Parcours ab - sie sind bis zu 18 Jahre alt. "Da sind teilweise Fahrer dabei, die schon seit zehn Jahren fahren, während Ricardo erst in seinem dritten Jahr ist", sagt Veranstalter Dirk Müller.

Im Kinderzimmer stapeln sich die Pokale

Mehrere Personen stehen am Rand der Kartstrecke mit Blick in Richtung Rennbahn © Lena Haamann Foto: Lena Haamann
Ricardo Messina steht am Streckenrand und schaut sich alles ganz genau an.

Eigentlich wollten Ricardos Eltern ihn vor drei Jahren nur mal so zum Spaß mit ihm auf die Kartbahn nehmen. "Aber man hat sofort gesehen, dass der Junge Talent hat", sagt sein Vater Rosario Messina. "Obwohl Ricardo erst acht Jahre alt war, war er viel schneller als die anderen Fahrer auf der Bahn." Seitdem ist viel passiert: Die ganze Familie wurde Mitglied beim MSC Holstein - und in seiner ersten Rennsaison beeindruckte Ricardo mit seinem Können. Er wurde Landesmeister, Norddeutscher Meister und "Rookie des Jahres".

Im Kinderzimmer stapeln sich die Pokale. Der Höhepunkt: der Endlauf der deutschen Meisterschaften auf dem Nürburgring. Ricardo belegte Platz neun - von 31 Fahrern. "Damit hätte ich niemals gerechnet. Mein ganzes Leben hat sich auf den Kopf gestellt. Kartfahren ist einfach meine Seele", sagt er. Die neue Leidenschaft bedeutet aber auch für die gesamte Familie, ständig auf Achse zu sein oder auch Sponsoren zu suchen. Zwischen Mai und Oktober gehört so gut wie jedes Wochenende dem Motorsport.

"Ricardo hat diesen Biss, aber auch das Fingerspitzengefühl"

Ricardo steht an der Rennstrecke und beobachtet seine Konkurrenz. Beim Kartslalom fahren die Fahrer nacheinander. Jeder hat drei Läufe: einen Trainings- und zwei Wertungsläufe. Es geht um Zeit - und möglichst wenig Fehler. Ein umgefahrenes Hütchen gibt zwei Strafsekunden. Ricardo zieht sich seine Handschuhe an und setzt den Helm auf. Dann steigt er in das flache, 80 Kilo schwere Fahrzeug. "Man weiß, dass jetzt gleich die zwei entscheidenden Runden kommen. Wenige Sekunden machen aus, welchen Platz du belegst. Diese Aufregung, dieses Adrenalin - das liebe ich einfach." Ricardo ist schnell - aber es fallen viele Pylone. Die Gasse für das 1,25 Meter breite Gefährt misst gerade mal zwei Meter. "54 Sekunden mit 18 Strafsekunden, da ist irgendetwas schiefgelaufen", heißt es bei der Zieleinfahrt über die Lautsprecher.

Mit viel Fingerspitzengefühl auf der Rennstrecke

Mehrere Personen gehen über die Rennstrecke, Pylonen stehen auf dem Boden © Lena Haamann Foto: Lena Haamann
Viel los: Besucherinnen und Besucher und Ricardo Messina (r.) gehen über die Rennstrecke.

Die erste Wertungsrunde läuft besser: Ricardo ist wieder schnell. Dieses Mal macht er keinen Fehler. "Er hat diesen Biss, bis ans Limit zu gehen, alles auszureizen. Aber auch das Fingerspitzengefühl, dass es immer noch klappt", sagt der Veranstalter und fügt an: "Das ist das, was ihn ausmacht." Seine Eltern können während des Rennens kaum hingucken. Sie sind aufgeregter als Ricardo selbst, wie sie sagen. Aber auch der zweite Wertungslauf läuft gut für ihn. Wieder macht er keinen Fehler. Ricardo zittert, als er seinen Helm abnimmt. "Ich bin sehr zufrieden", sagt er. "Aber das war viel anstrengender als die kurze Strecke beim Jugendkart."

Das Ergebnis verschlägt Ricardo fast die Sprache

Sein großes Vorbild ist Michael Schumacher. "Weil der auch mit fast nichts angefangen hat", so Ricardo. Und jeder es schaffen könne, solange er Talent hat. Als die Ergebnisse ausgehängt werden, guckt die ganze Familie sofort nach, wie er abgeschnitten hat. Und damit hätte keiner gerechnet: Ricardo belegt den zweiten Platz. "Glückwunsch. Da ist man mega stolz als Vater", sagt Rosario Messina und strahlt. Seinen Sohn hat es fast die Sprache verschlagen: "Dazu kann ich gar nichts mehr sagen. Beim ersten Mal gleich aufs Podium - das ist unbeschreiblich schön." Wieder ist er seinem großen Traum ein kleines Stückchen nähergekommen: Irgendwann einmal in der Formel 1 mitzufahren.

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Dieses Thema im Programm:

NDR 1 Welle Nord | Schleswig-Holstein Magazin | 23.05.2022 | 19:30 Uhr

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