Romantische Klänge: Schumann & Tschaikowsky
Zwei Seelenverwandte: Schumann und Tschaikowsky im gemeinsamen Konzert des NDR Vokalensembles und des NDR Elbphilharmonie Orchesters mit Paavo Järvi und Kaspars Putniņš - am 28. Februar beim NDR Festival in Hannover.
Schumann-Fan Tschaikowsky
"Die Musik Schumanns eröffnet uns eine ganze Welt neuer musikalischer Formen, reißt Saiten an, die seine großen Vorgänger noch nicht berührt haben." So schwärmte kein Geringerer als Peter Tschaikowsky über seinen deutschen Kollegen. Tatsächlich war Schumann - neben Mozart und Mendelssohn - ein großes Vorbild für den Schöpfer von "Pathétique", "Schwanensee" und Co. In der Musik des älteren Romantikers fand Tschaikowsky "den Widerhall geheimnisvoller Prozesse unseres Seelenlebens, die das Herz des heutigen Menschen bewegen." Es gibt also Gründe genug, ausgewählte Werke der beiden "Brüder im Geiste" einmal direkt gegenüberzustellen. In Hannover geschieht dies in einem eigenen NDR Festival. Aber auch in der Elbphilharmonie spüren das NDR Vokalensemble unter Kaspars Putniņš, derzeit Chefdirigent des Schwedischen und des Lettischen Rundfunkchors, sowie das NDR Elbphilharmonie Orchester unter Star-Dirigent Paavo Järvi dieser Seelenverwandtschaft nach.
Entdeckung 1: Schumanns romantisches Märchenidyll
Zunächst widmet sich das NDR Vokalensemble Schumanns selten zu hörendem Märchenidyll "Der Rose Pilgerfahrt". 1851 auf einen reichlich sentimentalen Text von Moritz Horn komponiert, kam dieses Oratorium einzig und allein wegen seines Sujets schnell aus der Mode. Im 20. Jahrhundert interessierte eben kaum noch jemanden die Geschichte um eine Rose, die bei ihrer Menschwerdung mit einem typisch romantischen Personal aus Elfen, Müllersleuten, Förstern und Jägern in Kontakt kommt. Schade um die fantastische Musik! Und so kramen Putniņš und das NDR Vokalensemble jetzt die reizvolle Urfassung mit Klavierbegleitung heraus, die Schumann "des zarten Stoffes halber vollkommen hinreichend" erschien.
Entdeckung 2: Tschaikowskys "Schumann-Sinfonie"
Nach der Pause interpretiert Paavo Järvi mit dem NDR Elbphilharmonie Orchester dann ein ebenso selten zu hörendes Werk für volles Orchester: Peter Tschaikowskys Dritte Sinfonie - die einzige in seinem Schaffen, die in einer Dur-Tonart steht und fünf statt vier Sätze hat. Der Vergleich mit Schumann liegt also insbesondere bei diesem Werk auf der Hand, denn auch die Dritte des "seit Beethoven bedeutendsten Sinfonikers der deutschen Schule" (Tschaikowsky) zeigt sich optimistisch und mit lockerer, fünfteiliger Satzfolge. Statt dem irreführenden Beinamen "Polnische" - wegen der Polonaise im Finale - müsste Tschaikowskys Sinfonie also eigentlich die "Schumann’sche" heißen!
Autor: Julius Heile
