Wer Musik liebt, kennt seine Stimme: Peter Urban ist ein absoluter Musik-Insider, der mit seiner unvergleichlichen Art Geschichten erzählen kann. Er war schon auf über 5.000 Konzerten, trifft bis heute die Großen des Musikgeschäfts und ist selbst Musiker. Im Podcast Urban Pop trifft er auf den NDR-Musikjournalisten Ocke Bandixen. Sie reden über Weltstars von Bowie bis Springsteen, von Johny Cash bis Taylor Swift, über Bands von den Beatles bis U2, über Insider-Stories und Musik-Historie. Ein Muss für alle Fans von guten Gesprächen über gute Musik.
Am Mikrofon: Claudia Hartmann
Der Rostocker Gitarrist Oliver Herlitzka gehört zur jungen Generation Jazzmusiker, die Stile und Genres durcheinanderwerfen und neu interpretieren. Im Zusammenspiel klingt sein Quintett dabei mal kraftvoll und energiegeladen, mal zart und fragil. 2022 war er beim See More Jazz Festival in seiner Heimatstadt eingeladen. Auch Philip Lassiter und Band waren vor Ort. Lassiter hat seine Wurzeln im Texas Funk, Alabama Gospel, New Orleans Jazz und Nashville Soul. Er ist an 11 Grammy Nominierungen beteiligt. Die Mitschnitte der Konzerte im Play Jazz! - Konzert.
Eine Sendung von Michael Laages
Wer oder was prägt eigentlich den Grundton, vielleicht sogar den "Stil" einer Musik-Produktion, die sich ganz der Jazzmusik verschreibt? Nur manchmal ist das einfach zu definieren - wenn es den Produzentinnen und Produzenten in erster Linie um die Musikerinnen und Musiker geht, deren Karriere in einer Stadt oder Region begonnen hat. Oder ein Label legt sich auf Epochen des Jazz fest und präsentiert Künstlerinnen und Künstler, die den Spuren der jeweiligen Zeit bis in die Gegenwart folgen, ob das nun "mainstream" ist oder die immerwährende Suche nach dem allerletzten Schrei. In Bremen, wo erstaunlich viele profilierte Labels entstanden sind wie Laika, JaRo und Fuego, komplettiert seit einiger Zeit eine Firma die Szene mit eigenwilligen Zielen: Berthold Records.
Berthold ist der Familienname, und der aktuelle Chef heißt Anton. Papa Berthold hat gelegentlich aber auch gute Empfehlungen gegeben. Gemeinsam mit Nicholas Bild, Partner in der Programmplanung, ist ein Konzept entstanden, das vor allem auf Aktualität und Zeitgenossenschaft beruht, nicht auf stilistischen Vorgaben. Für die "Generation Jazz", also für alle, die ganz im Heute und Hier leben mit dieser tendenziell grenzenlosen Musik, wollen Berthold und Bild reizvolle musikalische Begegnungen kreieren. Und da ist es dann tatsächlich eher nicht so wichtig, welchen historischen und regionalen Sprachen sich Talente verpflichtet fühlen.
Wie bei Markus Becker. Er ist Professor an der Musikhochschule in Hannover und hat schon zwei CDs in Bremen eingespielt - übrigens im legendären Sendesaal von Radio Bremen und auf Empfehlung von Berthold Senior. Schlagzeugerin Lisa Wilhelm steuerte gerade das "Album der Woche" in "Play Jazz!" auf NDR Kultur bei. Und auch das junge Hamburger Ensemble "Bluff" gehört zu den Berthold-Neuigkeiten. Mit dem Ensemble "Sao Paulo Panic" kamen gleich zwei besondere Talente zum Bremer Label: Gitarrist Tal Arditi und Sängerin Dani Gurgel.
Niemand im Angebot von Berthold Records passt automatisch zu anderen Produktionen des Labels - aber das hat Methode und markiert tatsächlich so etwas wie "Stil". Überraschungen jedenfalls sind garantiert - und Berthold bietet sie in Hülle und Fülle.
Eine Sendung von Ralf Dorschel
Es gibt Worte, die nimmt man nicht in den Mund. Nicht als Jazzfan - nicht, wenn man es ernst meint mit Niveau und Kultur. "Smooth" ist so ein Wort. Und "Smooth Jazz", das ist Ausverkauf und Banalität, das steht seit 30 Jahren für Chill-Out, die Cocktail-Bar, den Strand und die Party. Kurz: für das reine Vergnügen. Und zwar genau dann, wenn man sich mit Jazz einfach mal unterhalten lassen will: "Wir suchen Sounds, die heiter klingen, Melodien mit hohem Wiedererkennungswert, bei denen auch ein zufälliger Hörer einsteigen kann", so definierte ein einschlägiger US-Radiosender das Genre und das ist dann auch so etwas wie der rote Faden durch diese drei Round Midnight-Sendungen.
Eine Sendung von Bert Noglik
"Sie war hip, schon lange vor den Hippies", sagte der Klarinettist Rolf Kühn über die Pianistin, die er in Leipzig während der Nachkriegszeit kennenlernte. Bereits zuvor, noch während des Krieges, begann sich Jutta Hipp für den Jazz zu begeistern - jene Musik, die die Nazis als "entartet" diffamierten und die für die junge Musikerin zu einem Vorboten der Freiheit wurde. Mit Rolf Kühn machte Jutta Hipp erste Demo-Aufnahmen, bevor die von den Amerikanern befreite Stadt von Sowjettruppen besetzt wurde.
Jutta Hipp floh in den Westen, spielte dort in amerikanischen Klubs und kam über München nach Frankfurt, damals das Jazzzentrum Deutschlands. Zunächst in einer Combo um den Saxofonisten Hans Koller, dann mit ihrem Quintett gelang ihr eine eigenständige Ausformung des Cool Jazz. Sie wurde auf den Deutschen Jazzfestivals in Frankfurt umjubelt, als "Europe's First Lady of Jazz" gefeiert und von Leonard Feather als erste weiße Jazzmusikerin für das Label Blue Note entdeckt. Feather war es auch, der sie zur Übersiedlung nach Amerika überredete, wo sie zunächst ebenfalls erfolgreich war, ein Engagement im New Yorker Hickory House antrat und drei Platten für Blue Note einspielte.
Unglückliche Umstände, der Druck des Musik-Business, Bedrängnis durch Feather, Unsicherheit, Lampenfieber und Alkoholkonsum führten dann zu einem tragischen Ende ihrer Laufbahn als Musikerin. Nach 1960 rührte sie kein Klavier mehr an. Bis zu ihrem 70. Lebensjahr arbeitete sie als Zuschneiderin in einer Fabrik. Ihre Kreativität verlagerte sie auf das bildkünstlerische Gestalten.
Als Jutta Hipp am 7. April 2003 in New York starb, war sie in der Jazzszene fast vergessen. Erst in den Jahren nach ihrem Tod rückte sie erneut in den Mittelpunkt des Interesses, wesentlich befördert durch die Forschungen und Editionen der Musikerin und Musikwissenschaftlerin Ilona Haberkamp, Autorin der vielbeachteten Biografie "Plötzlich Hip(p)". Heute wird Jutta Hipp zurecht als eine der bedeutenden Wegbereiterin der "women in jazz" gewürdigt und beständig wiederentdeckt.
Eine Sendung von Ralf Dorschel
Es gibt Worte, die nimmt man nicht in den Mund. Nicht als Jazzfan - nicht, wenn man es ernst meint mit Niveau und Kultur. "Smooth" ist so ein Wort. Und "Smooth Jazz", das ist Ausverkauf und Banalität, das steht seit 30 Jahren für Chill-Out, die Cocktail-Bar, den Strand und die Party. Kurz: für das reine Vergnügen. Und zwar genau dann, wenn man sich mit Jazz einfach mal unterhalten lassen will: "Wir suchen Sounds, die heiter klingen, Melodien mit hohem Wiedererkennungswert, bei denen auch ein zufälliger Hörer einsteigen kann", so definierte ein einschlägiger US-Radiosender das Genre und das ist dann auch so etwas wie der rote Faden durch diese drei Round Midnight-Sendungen.
Eine Sendung von Henry Altmann
In den 1960er-Jahren war er einer der "jungen Wilden" im Umfeld des Bostoner Berklee College. Mit Musikerinnen und Musikern wie Carla Bley, Steve Swallow oder Pat Metheny brachte Gary Burton einen neuen "Vibe" in den Jazz - und dem Vibrafon mit dem "Burton Grip" einen neuen Aktionsradius, weil er es mit vier anstelle von zwei Schlegeln spielte. In den 1970er-Jahren gehörte er schon zum Establishment des Jazz, unterrichtete selber am Berklee College, veröffentlichte beim Münchner Label ECM und legte mit dem Pianisten Chick Coreas und den Alben "Crystal Silence" und "Duet" zwei Klassiker des modernen Jazz vor.
Dabei blieb Burton neugierig, entdeckte in den 1980er-Jahren Astor Piazollas Tango und im neuen Jahrtausend die klassische Musik für sich und sein Instrument - damals Neuland, heute Pflichtparcours für Vibrafonist*innen.
Und auch dadurch ragt Burton heraus: 1996 outete er sich als homosexuell, 2017 verkündete er ohne Larifari seinen Abschied von der Bühne. Am 23. Januar wird der Mann, der so viele Grenzen überwand und dem Vibrafon so viele Nachfolger bescherte, 80 Jahre alt. Zu Burtons Geburtstag gibt es Aufnahmen, die er Anfang der 1970er-Jahre mit der NDR Bigband machte.