Stand: 08.05.2018 18:23 Uhr

"Rakka braucht dringend internationale Hilfe"

Volkmar Kabisch © NDR / Ulla Brauer Foto: Ulla Brauer
Volkmar Kabisch hat die Stadt Rakka und seine Menschen besucht.

Rakka war die Hauptstadt des sogenannten Islamischen Staats (IS). 2017 befreite die internationale Koalition die IS-Zentrale und bombte die Stadt in Trümmer. Etwa 100.000 Menschen kehrten zurück und versuchen inmitten zerbombter Häuser ein neues Leben aufzubauen. Hilfe aus dem Ausland fehlt in Rakka, auch internationale Hilfsorganisationen sind nicht in der Stadt aktiv. Wie kann ein Wiederaufbau gelingen? Unsere Kollegen Volkmar Kabisch und Georg Mascolo, Leiter der Recherchekooperation von NDR/ WDR/ SZ waren vor ein paar Tagen mit der Kamera in Rakka. Wir haben mit Volkmar Kabisch über seine Eindrücke gesprochen.

 

 

Was hat Sie bei Ihren Dreharbeiten in Rakka am meisten beeindruckt?

Volkmar Kabisch: Zum einen das unvorstellbare Ausmaß der Zerstörung. Die Stadt liegt komplett in Trümmern. Es gibt kein Haus, das unbeschädigt ist. Und trotzdem sind schon sehr viele Menschen zurückgekehrt, auch wenn die Versorgungslage sehr schlecht ist. Für mich persönlich besonders bewegend war ein Fußballspiel mit syrischen Jungs im Stadion von Rakka. Dort wo vor kurzem der IS noch eines seiner berüchtigten Foltergefängnisse hatte.

Wie schätzen Sie die Sicherheitslage vor Ort ein?

Kabisch: Die Sicherheitslage ist grundsätzlich stabil. Aber es geht nach wie vor eine große Gefahr von den sogenannten Sprengfallen aus, die der IS überall in der Stadt hinterlassen hat. Man weiß nie, welche Straße tatsächlich geräumt ist. Und so sterben auch weiterhin viele Zivilisten, die zum Beispiel auf so eine Mine treten.

Wie haben Sie sich und das Team absichern müssen?

Kabisch: Wir hatten diesmal keine schusssicheren Westen dabei oder Helme auf. Aber es gab eine ständige Verbindung zu unserer Zentrale in Hamburg, die immer genau wusste, wo wir uns aufhalten. Das war vor einem halben Jahr, als wir während der Kämpfe in Rakka gedreht haben, natürlich anders. Diesmal konnten wir uns frei bewegen, zum Beispiel einen Kebab in einen Straßenimbiss essen.

Warum gibt es offenbar keine internationale Hilfe?

Kabisch: Angeblich sei die Sicherheitslage wegen der Sprengfallen zu angespannt. Das Auswärtige Amt zum Beispiel sagt, dass man für Zivilisten keine Anreize schaffen will vorzeitig zurückzukehren, bevor die Minen geräumt sind. Auf der anderen Seite sieht man in der Stadt aber auch keine Experten, die diese Fallen beseitigen. Da beißt sich die Katze auch irgendwie in den Schwanz.

Was müsste passieren, damit der Wiederaufbau tatsächlich gelingen kann?

Kabisch: Rakka braucht dringend internationale Hilfe. Vor allem für die Beseitigung dieser Sprengfallen, Minen und Blindgänger. Das ist nachwievor die größte Gefahr in der Stadt. Auch die Versorgung mit Wasser und Strom muss wiederhergestellt werden. Das sind die grundsätzlichen Dinge, die die Bewohner von Rakka jetzt benötigen. Es wird auf jeden Fall ein langer Weg.

Das Interview führte Hendrik Backhus.

Dieses Thema im Programm:

Weltbilder | 08.05.2018 | 23:30 Uhr

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