Shitstorm im Bundestag: Politiker am Online-Pranger
"Schick' mal einer die fette Sau Döring [von der] FDP in so einen Gulag in Vorpommern für 5.50 die Stunde ... anketten nicht vergessen ... Vollpfosten ... So Typen waren schon als Kind scheiße...Wenn ich sie höre bedauere ich, dass sich die RAF aufgelöst hat ... Du Fickfrosch ... hast keine Ahnung usw. ..." Der Groll der Internet-Community, Hassattacken und Schmähungen übelster Art gehören mittlerweile zum Alltag vieler Politiker. Sobald ein Abgeordneter meinungsstark Stellung bezieht, droht ein virtueller Vernichtungsfeldzug, der so genannte Shitstorm – eine schnelle Welle von Unmutsbekundungen im Netz, beleidigend, bedrohlich, oft anonym, ohne Risiko für den virtuellen Wutbürger, der dabei seine zivilen Umgangsformen offensichtlich im analogen Leben zurück gelassen hat.
Politische Akteuere oder Gefahr für die Demoratie?
Doch welche Wirkung hat der Debatten-Quickie? Ist die Hassmail überhaupt Teil einer inhaltlichen Auseinandersetzung? Haben wir jetzt endlich die totale Transparenz und Basisdemokratie? Schließlich bleiben im Gegensatz zu Pöbel-Briefen, Drohanrufen oder Protest-Plakaten die vernichtenden Internet-Kommentäre für die Ewigkeit im Netz und damit in der Öffentlichkeit. Die pöbelbereiten Störer verstehen sich als politische Akteure. Doch tatsächlich bewirken sie, dass Abgeordnete noch häufiger Risiko-Themen, klare Worte oder eigene Meinungen vermeiden - aus Angst vor einem Shitstorm. Dafür werden dann noch mehr Phrasen gedrescht.
Die Angst vor der Diktatur einer gefühlten Masse, die doch eher eine krasse Minderheit ist, verformt auch die Debatten im Bundestag. Die Abgeordneten vertreten in vorrauseilendem Gehorsam Meinungen nicht mehr so deutlich wie in den Zeiten vor dem Shitstorm. Panorama zeigt die Folgen des Politiker-Mobbings im Internet.