Freizeittipps vom Frühpensionär - Lafontaine ist wieder da
Anmoderation
PATRICIA SCHLESINGER:
Heute vor zwanzig Jahren gewannen die Sozialdemokraten im Saarland die Landtagswahl - zum ersten Mal. Und für ihren damaligen Star, Oskar Lafontaine, begann eine sehr wechselvolle politische Karriere, die bekanntlich als selbsternannter Frühpensionär endete - zunächst. Nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik hat ein Politiker so seinen Sessel geräumt. Inzwischen hat er sich dafür bei den Genossen entschuldigt, denn er möchte wieder dabei sein, wieder mitmischen. Zunächst - genauer: heute in Hamburg - macht er aber noch mal als Freizeit-Oskar von sich reden. Wohl auch ein Novum in der Geschichte unseres Landes.
Mathis Feldhoff und Anja Reschke berichten.
KOMMENTAR:
Vor drei Stunden in Hamburg: Auftritt eines echten Profis, eines Freizeitprofis. Bis vor einem Jahr warb er für die Rechte der Armen und Schwachen im Land - heute ist Oskar Lafontaine vor allem in Sachen Oskar Lafontaine unterwegs - und das mit Erfolg. Heute war sein Auftrag "Vivity", die neue Freizeitauskunft. Langeweile oder kein Plan - Vivity hilft, und deshalb hilft Oskar Lafontaine Vivity.
Der ehemalige Finanzminister als Werbe-Onkel. Er überzeugt als Mann von Fach, als Freizeitprofi eben.
0-Ton
OSKAR LAFONTAINE:
"Ich komme gerade von einem Zoobesuch."
INTERVIEWER:
"Heute?"
OSKAR LAFONTAINE:
"Heute von einem Zoobesuch."
KOMMENTAR:
Wenn Oskar kommt, ist die Stimmung tierisch gut. Der Vivity-Tipp: Die Sau rauslassen oder angeregt plaudern. Geht’s um diese Frage, ist Oskars Entscheidung immer klar: Die Sau rauslassen. Oskar halt ganz Profi.
Der Blick in den Duden beweist: Profi kommt von professionell, das heißt, etwas zum Beruf, zur Erwerbsquelle machen. Damit kennt sich Oskar aus.
Jetzt, als Privatmann, ist ein solider finanzieller Grundstock für den Freizeitprofi von Vorteil. Der Rückzug von allen politischen Ämtern bringt dem Privatier laut Zeitungsberichten eine monatliche Freizeitvergütung von 15.724, Mark aus der Steuerkasse.
Der Vivity-Tipp: Bücher schreiben. Mit wenig Aufwand Ihr eigenes Buch verlegen - für den mitteilsamen Oskar kein Problem. Die Abrechnung mit dem Kanzler und der eigenen Partei, banal verteilt auf 300 Seiten, brachten Lafontaine rund 800.000 Mark.
Nächster Tipp: Besuchen Sie doch Aktionärsversammlungen. Hier wird man meist ganz ordentlich verköstigt, und ein Präsent gibt’s obendrein. Doch auch hier ist Lafontaine längst einen Schritt voraus. Nicht nur der Bauch soll voll sein, sondern das Portemonnaie gleich mit. Honorare fürs öffentliche Schlemmen. Von wegen - Schweigen ist Gold.
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OSKAR LAFONTAINE:
"Ich freue mich, dass viele hierher gekommen sind, auch gute Bekannte von mir. Man freut sich immer wieder, wenn man gute Bekannte trifft."
KOMMENTAR:
Und schon klingelt die Freizeitkasse: 24.892,80 Mark.
Aufgepasst heißt es aber, wenn ein anderer Gewinn aus seiner Freizeit schlagen will. Diese Bank etwa, die mit dem Konterfei des Ex-Ministers für Aktienanlagen warb und sich doch nur Sorgen um seine baldige Rückkehr in den alten Beruf machte. Hier zeichnet sich der echte Profi aus: Auf keinen Fall klein beigeben. Geld rausschlagen heißt die Devise. Zeit genug hat der Freizeitprofi ja. Vergleich mit der Bank: 100.000 Mark.
Zugegeben, Oskar ist auch sehr spendabel.. Viele Honorare gibt er, so sagt er, für die gemeinnützige Stiftung seiner Frau. Und für seine Genossen gibt’s sogar was umsonst: die überfällig Entschuldigung.
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OSKAR LAFONTAINE:
"Das tut mir leid, dafür entschuldige ich mich in aller Form."
KOMMENTAR:
Oskar Lafontaine - Sozi, weil er es sich leisten kann.
