Ostseereport

Estnische Heimatgefühle

Sonntag, 25. Juni 2023, 18:00 bis 18:45 Uhr
Montag, 26. Juni 2023, 01:05 bis 01:50 Uhr

Mit 16 war sie ein Jahr lang in den USA, dann als Au-pair in Australien, mit 20 entschied sie sich, nach Dänemark zu gehen. Greete Eluri wollte wie so viele junge Esten eigentlich "nur" im Ausland studieren, danach zurück nach Hause. Ihr Ziel: eine Ausbildung im Marketingmanagement. So hat sie Estland 2010 verlassen, um im dänischen Aarhus zu studieren. Aus geplanten zwei Jahren wurden 13 Jahre. Aus Liebe zu einem Dänen ist sie geblieben. Bis heute! Stolz blickt die Berufsberaterin heute aus der Ferne auf ein modernes Estland. "In Estland hat sich so unglaublich viel verändert. Das Land von heute ist mit dem vor 13 Jahren nicht mehr zu vergleichen", sagt sie.

Kulturelles Erbe, Heimweh, Träume, Ziele, Lieblingsorte: Das "Ostseereport"-Team besucht Greete Eluri in Aarhus und spricht mit ihr über die Menschen, die in ihrer Heimat versuchen, Tradition und Moderne zu verbinden. Über die, die an interessante Orte in der Heimat zurückgegangen sind. Und darüber, warum auch sie nie ganz ausschließt, vielleicht doch noch einmal in Estland neu anzufangen. Eine estnische Dänin in Aarhus über ihr Estland zwischen Tradition und Moderne. Distanz zu Estland durch ein Leben in Dänemark und doch so viel Nähe zu ihrer Heimat. Die Geschichte von Greete Eluri zieht sich als roter Faden durch die Sendung, in der das Reportageteam auch Esten trifft, die eng mit ihrer Heimat und den Traditionen verbunden sind.

Traditionen leben weiter

Mare Mätas ist stolz auf ihre Heimat. © NDR
Mare Mätas ist stolz auf ihre Heimat.

Mare Mätas ist so etwas wie die "Herrin" der estnischen Insel Kihnu. Männer sieht man dort selten. Sie sind mit dem Fischfang beschäftigt, gerade auf Heringstour. Kihnu, eines der letzten Matriarchate in Europa, heißt es. Aber Mare Mätas hält das für den falschen Begriff. "Gleichberechtigung ist das bessere Wort", erzählt sie. Mare hängt an dieser Insel, die sich aber gerade sehr verändert. "Ich will auch nicht in einem Museum leben", meint Mare Mätas, aber es ist für sie trotzdem selbstverständlich, alte Traditionen zu pflegen. An Beerdigungen, Hochzeiten und Familienfeiern trägt sie den bunten Rock aus kunterbuntem Wollstoff mit Streifenmuster. Für jeden Anlass hat jede Frau auf der kleinen Insel einen bunten Wollrock in einer große Truhe zu Hause. 20 Röcke und mehr. Der Leuchtturm ist Mares Lieblingsort, um abends auf ihrer Heimatinsel noch spazieren zu gehen.

Alle Menschen, die in diesem "Ostseereport" vorgestellt werden, verbindet die Liebe zu ihrer Heimat Estland. Darunter sind einige, die viele Jahre in großen Städten oder im Ausland gelebt haben, aber zurückgekehrt sind. Mare Mätas bekam als Juristin in Tallinn bei jedem Sonnenstrahl Heimweh nach Kihnu. Nur sieben Kilometer lang und gut drei Kilometer breit, dauert es von Süd nach Nord nur eine knappe halbe Stunde mit dem Motorrad. Vom Festland ist die kleine Insel ist eine Stunde mit der Fähre entfernt.

Estland hat ein vielseitiges Kulturerbe, viele der Kostbarkeiten, die wie die Insel Kihnu zum UNESCO-Welterbe gehören, sind übers Land verteilt. Immaterielles UNESCO-Kulturerbe sind auch die Sitten, Traditionen und Bräuche, die von Generation zu Generation weitergeben werden. Handwerk, Rituale, Feste, Musik und Geschichten.

Der Einbaum von Aivar aus Lindenholz. © NDR
Der Einbaum von Aivar aus Lindenholz.

Ein weiteres Kulturerbe: der Einbaum von Aivar Ruukel. Der Tour-Guide ist im Soomaa Nationalpark geboren, war lange unterwegs und ist viel gereist. Er spricht gut Englisch, ist oft mit Touristen unterwegs und betreibt einen Kanuverleih. Gerade baut er wieder ein Boot und sucht nach dem richtigen Holz. Er ist einer der Letzten in der Gegend, der einen sogenannten Einbaum aus Espen- oder Lindenholz bauen kann. Ein Kanu aus einem einzigen Baumstamm wie vor vielen Jahrzehnten. Auch der Einbaum von Soomaa ist ein einheimisches, estnisches Kulturerbe und steht seit 2021 auf der UNESCO-Welterbeliste.

Schon von Weitem sieht man in großer Einsamkeit direkt an der Biegung des Flusses im Nationalpark Soomaa die Solarzellen von Inerk Vainu. Ein moderner Aussteiger mit Frau und Kind mitten im Wald. Er hat sich viele kleine Häuser aufgebaut, alle gemütlich und modern ausgestattet, mitten im Wald. Solarzellen überall, das neueste Paneel gerade wenige Wochen alt. Inerk Vainu hatte keine Lust mehr auf das Leben in einer großen Stadt, hat jahrelang für ein IT-Unternehmen gearbeitet, ist viel gereist. Jetzt hat er sich viel Land gekauft und sitzt lieber in seiner selbst gezimmerten Sommerküche oder sägt die Dachschindeln für seine neue Sauna.

Moderation
Kristin Recke
Redaktion
Martina Gawaz
Produktionsleiter/in
Angela Hennemann
Redaktionsleiter/in
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