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Streit um den Aal

Montag, 10. Juni 2024, 22:00 bis 22:45 Uhr

Für viele Fischer ist der Aal einer der letzten "Brotfische", ein Fisch der den ihnen den Lebensunterhalt sichert(e). Stirbt der Aal aus, stirbt auch ein uraltes Handwerk aus. Politik und Fischereiwirtschaft versuchen, den Bestand der Aale und ihren Erwerbszweig mit Besatzaktionen zu retten. Jedes Jahr setzen sie Millionen Jungaale in Binnen- und Küstengewässern aus. Wissenschaftler und Naturschützer*innen hingegen fordern ein Fangverbot und das Ende des Besatzes. Wer hat Recht? Und was hilft dem Aal, wirklich zu überleben?

Wird der Aal die Menschheit überleben?

Aale gab es schon vor Millionen Jahren. Sie haben Kontinentalverschiebungen und Eiszeiten überlebt. Ob sie die Menschheit und das Industriezeitalter überleben, ist fraglich. Seit 2008 steht Anguilla anguilla, so der klangvolle Name des Europäischen Aals, auf der Roten Liste der Weltnaturschutzorganisation IUCN. Er gilt als vom Aussterben bedroht. Es ist die letzte Stufe der Gefährdungsskala, bevor eine Art völlig aus der Wildnis verschwindet.

Komplettes Fangverbot bedeutet für Fischer das Aus

Für die wenigen an der Schlei noch verbliebenen Fischer ist der Aal im Sommer die letzte Rettung. Der Hering im Frühjahr war knapp. "Plötze, Barsch und Zander fangen wir gar nicht mehr", sagt Jörn Ross, Eldermann der traditionsreichen Holmer Fischer aus Schleswig. Ein komplettes Fangverbot, wie es der Internationale Rat für Meeresforschung empfiehlt, würde für ihn und seinen Sohn Nils das Aus bedeuten.

Schon jetzt gilt in den Küstengewässern eine Schonzeit von sechs Monaten. Von Mitte September bis Mitte März darf Ross in der Ostsee keinen Aal fischen. Doch Ross sieht die Fischer zu Unrecht am Pranger. "Wir sind es, die den Aal schützen und dafür sorgen, dass er uns erhalten bleibt."

Fischer und Angler: Aalaussetzen ist Artenschutz

Ross engagiert sich wie viele Fischereibetriebe und Angelvereine beim Aalutsetten, Norddeutsch für den Besatz mit Glasaalen, wie die jungen Aale heißen. Sie werden an der europäischen Küste, vor allem in Spanien und Frankreich, gefangen, zum Teil in Aquakultur vorgezogen oder direkt in deutschen Gewässern eingesetzt.

Früher wanderten die Jungfische in großer Zahl von allein in norddeutsche Binnengewässer ein. Heute kommt nur noch ein Bruchteil auf natürlichem Weg dort an. Der Besatz soll das ausgleichen und den Fischern ihr Einkommen sichern. Aalutsetten sagen sie, ist Artenschutz.

Umweltverbände und Forschende: Stopp von Aal-Fischerei überfällig

Das sehen Umweltverbände und die Wissenschaftler des Internationalen Rates für Meeresforschung, ICES, ganz anders. Der Meeresökologe Reinhold Hanel vom Thünen-Institut in Bremerhaven ist Mitglied des ICES. "Viele Glasaale und vorgestreckte Aale sterben während Fang, Transport, Hälterung und Mast", erklärt er.

Es gäbe keinen Hinweis darauf, dass der Besatz die Überlebenschancen des Aals erhöhe. Studien zeigen, so Hanel, dass seit den 1970er-Jahren immer weniger Aalnachwuchs in Europa ankommt, ein Rückgang zwischen 95 und 99 Prozent, je nach Küstenregion. Sein Fazit: ein Stopp von Aal- und Glasaalfischerei sei überfällig.

Mit Biologen unterwegs in Mecklenburg-Vorpommern

Der Film zeigt norddeutsche Fischer und Angler beim Aalutsetten. Sie investieren viel Zeit und Geld in den Besatz, der zudem mit Steuergeldern gefördert wird. Begleitet werden die Maßnahmen durch ein europaweites Monitoring. Es soll klären, ob sich der Bestand erholt.

Eine der Stationen liegt in Rostock. Das Filmteam begleitet die Biologen Malte Dorow und Jens Frankowski vom Fischereiinstitut des Landes Mecklenburg-Vorpommern bei ihren Untersuchungen. Laut Dorow erholt sich der Bestand in Mecklenburg-Vorpommern. Daraus könne man aber nicht schließen, dass es dem Europäischen Aal auch insgesamt besser geht.

Aal häufiger in renaturierten Lebensräumen anzutreffen

Der Streit um den Aal, er fokussiert sich vor allem auf die Frage um ein Fangverbot. Dass auch andere Maßnahmen helfen könnten, kommt dabei zu kurz: etwa die Renaturierung seiner Lebensräume. Zumindest darin sind sich Naturschützer und Fischer einig. Wie das geht, zeigt ein Projekt an der Unteren Havel.

Auf mehr als 23 Kilometern Länge wurden Ufersteine und -wallungen entfernt, Altarme angeschlossen, Deiche zurückgebaut und Auwälder gepflanzt. 1.100 gefährdete oder vom Aussterben bedrohte Tier- und Pflanzenarten leben und vermehren sich mittlerweile hier, sagt Rocco Buchta vom Naturschutzbund NABU, der das Projekt leitet. Auch der Aal komme jetzt wieder häufiger vor.

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