Wir Ostdeutsche

30 Jahre im vereinten Land

Samstag, 18. November 2023, 14:00 bis 15:30 Uhr

"Ostdeutsche": Das klingt für die einen wie der eher ungeliebte Teil der wiedervereinten Menschen in Deutschland, für die anderen wie Heimat und Identität. Was steckt dahinter? Selbstverständnis oder Fremdbestimmung, bloße Zuschreibung oder gar Klischee? Was heißt es, Ostdeutsche oder Ostdeutscher im Jahr 2020 zu sein? Und was heißt das für das ganze Land? Der Osten ist immer noch anders und die Ostdeutschen sind es auch. Wer verstehen will, wie der Osten heutzutage tickt, muss verstehen, was die Menschen prägt, was sie erlebt, was sie gehofft und erfahren haben. Das Blühen ostdeutscher Landschaften folgt auf einen Sturm, der Spuren hinterlassen hat. Sich neu erfinden, neu beweisen, ist zu einer kollektiven Erfahrung der Ostdeutschen geworden. Ein gemeinsames multimediales Projekt von rbb und MDR geht der ostdeutschen Seele auf den Grund. Diese Dokumentation ist ein Teil davon.

Angela Brockmann erzählt von ihrem Leben im wiedervereinten Deutschland. © rbb/Hoferichter & Jacobs
Angela Brockmann erzählt von ihrem Leben im wiedervereinten Deutschland.

Wer sind die Menschen zwischen Elbe und Oder? Welche Sozialisationserfahrungen prägen die Generationen? Aber vor allem: Wie sehen sie sich selbst? Die Frage von Identität und Nichtidentität hat bei der Frage, wie es um die deutsche Einheit steht, an neuer Komplexität gewonnen. Auch drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung sind die Ostdeutschen noch immer ein Thema, fast könnte man sagen: mehr denn je. Sind die neuen Bundesländer AfD-Land, rettungslos verloren, abgesoffen in Ostalgie? Oder sind sie abgehängt – aber rettbar? Oder sind sie ein Spielfeld der Möglichkeiten, der Zukunft zugewandt, mit großem "Vorsprung durch Resilienz"?

Eine doppelte Reise

Diese TV-Dokumentation begibt sich auf eine doppelte Reise: durch drei Jahrzehnte im vereinten Land und durch den Osten der Gegenwart, zwischen Rostock und Chemnitz, zwischen Tangerhütte und Eberswalde, zwischen Ribnitz-Damgarten und Bischofferode. Ostdeutsche erzählen von ihrem Leben im wiedervereinten Deutschland, von ihren Erwartungen und Enttäuschungen, von ihren Hoffnungen und Chancen. Ein umfangreiches Datendossier mit aufbereiteten statistischen Erhebungen beweist, dass sich auch drei Jahrzehnte nach der Wiedervereinigung erhebliche Unterschiede zwischen den Einstellungen, Wertemustern und Verhaltensweisen von Ostund Westdeutschen feststellen lassen.

So lässt sich zum Beispiel nachweisen, dass die Vermögensbildung in Ostdeutschland der im Westen nach wie vor stark hinterherhinkt, dass in den vergangenen Jahren der Abstand sogar größer geworden ist. Eine Fülle von weiteren Daten erhellt den sozialen Status, die Lebensweise und das politische Verhalten der Ostdeutschen. Ein weiteres Modul versucht anderen Fragen nachzugehen: Wie berechtigt ist es, im Jahr 30 der deutschen Einheit noch über die "Ostdeutschen" oder die "Westdeutschen" zu sprechen? Und welches sind die Schubladen, die bei der Frage noch immer zuerst aufgehen?

Meinungsstarke ostdeutsche Persönlichkeiten sind gebeten worden, ihre ganz eigene Erfahrung mit dem "Ostdeutschsein" aufzuschreiben. Wie erleben sie sich selbst als Ostdeutsche? Welchen Ressentiments sind sie vielleicht noch immer ausgesetzt? Oder macht es gar keinen Unterschied, ob Ost oder West? Wo verschwinden Grenzen und wo tun sich neue auf? Und ist der "Ossi" so stereotyp, wie er medial gern dargestellt wird? Ein im Zweifel fähnchenschwingender Spießer mit Hang zu Nationalismus und FKK? Ein eher unterwürfig gesinnter Transferempfänger, der nach dem Autoritären schielt? Die sehr persönlichen, sehr authentischen Meinungstexte sind auf den Onlinekanälen der ARD veröffentlicht worden.

Für diese Dokumentation konnten die beteiligten Landesrundfunkanstalten als mediale Begleiter des Transformationsprozesses in den ostdeutschen Ländern auf einen inzwischen jahrzehntelangen Erfahrungsschatz an zeitgeschichtlichen Dokumentationen aufbauen.

Redaktion
Helmig, Sara
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