Tod in der Badewanne: Mord oder Unfall?

Mittwoch, 08. Mai 2024, 23:15 bis 00:45 Uhr

Eine Rentnerin wird angezogen tot in ihrer Badewanne aufgefunden. Manfred Genditzki, Hausmeister in der Wohnanlage, in der die Frau lebte, gerät unter Verdacht. Er soll die alte Dame ertränkt haben. Obwohl es dafür keine Beweise gibt, spricht ihn das Gericht wegen Mordes schuldig. Mehr als 13 Jahre sitzt der Familienvater aus Rottach-Egern bereits im Gefängnis. Strafverteidigerin Regina Rick will den Fall wieder neu aufrollen, denn es gibt für sie zu viele Ungereimtheiten.

Die 87-jährige Lieselotte Kortüm wurde am 28.Oktober 2008 tot in ihrer Badewanne aufgefunden. © NDR/SWR
Die 87-jährige Lieselotte Kortüm wurde am 28.Oktober 2008 tot in ihrer Badewanne aufgefunden.

Die Film-Autorin Meike Pommer begleitet sie dabei und geht der Frage nach, warum die Ermittelnden sich damals auf den Hausmeister eingeschossen haben. Hat er wirklich etwas mit dem Tod der alten Dame zu tun? Oder sitzt hier einer unschuldig seit so vielen Jahren im Gefängnis? Bis heute ist der Todesfall der 87-jährigen Rentnerin Lieselotte Kortüm für viele Prozessbeobachter mysteriös.

Genditzki präsentiert ungefragt ein Alibi

Manfred Genditzki ist in zweiter Ehe mit Mariya verheiratet, die gerade im dritten Monat schwanger ist, als die Rentnerin Lieselotte Kortüm verstirbt. Der Hausmeister hat sich regelmäßig um die alte Dame gekümmert, für sie Besorgungen und Fahrten erledigt. Als er abends am Tag ihres Todes von der Polizei zur Wohnung der Rentnerin gerufen wird, verhält er sich in den Augen der Ermittelnden merkwürdig, denn er liefert ungefragt einen Beweis für sein Alibi für den Nachmittag. "Was der Herr Genditzki einfach falsch gemacht hat, und zwar total, er hat der Polizei vertraut", ist Rechtsanwältin Regina Rick überzeugt.

Zunächst kein Hinweis auf Fremdeinwirkung

In der Rechtsmedizin München geht man bei Lieselotte Kortüms Tod zwar zunächst nicht von Fremdverschulden aus, sondern von einem Unfall, dennoch gerät Manfred Genditzki immer mehr ins Visier der Ermittler. Drei Wochen später verändert der Rechtsmediziner sein Gutachten plötzlich hin zu Fremdverschulden. Die Kripo geht nun von Mord aus. Warum sehen die Ermittelnden ausschließlich Genditzki als möglichen Täter an?

Manfred & Mariya Genditzki haben von ihren 17 Ehejahren nur vier gemeinsam erleben dürfen. © NDR/SWR
Manfred & Mariya Genditzki haben von ihren 17 Ehejahren nur vier gemeinsam erleben dürfen.

Am 26. Februar 2009 wird er verhaftet. Seitdem ist er nicht mehr nach Hause gekommen. "Mein Mann ist kein Mörder", sagt Maryia Genditzki. Im Prozess heißt es zunächst, der Hausmeister habe die alte Dame aus Habgier getötet. Doch als das Motiv der Verhandlung nicht standhält, überrascht der Staatsanwalt im Plädoyer mit einem neuen: Mord zur Verdeckung einer Straftat. "Ein Krimiautor hätte es sich nicht gemeiner einfallen lassen können", sagt Peter Janssen, der damalige Bürgermeister der Stadt Tegernsee, zum Fall.

Im Zweifel für den Angeklagten?

In dubio pro reo - im Zweifel für den Angeklagten, lautet ein Grundsatz im deutschen Rechtssystem. Doch das Gericht zweifelt in Genditzkis Fall nicht und er wird wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt.  Nach einem erfolgreichen Revisionsantrag wird der Fall in einem zweiten Prozess zwar wieder verhandelt, doch endet er erneut in einer Verurteilung Genditzkis. "Meinen Glauben an die Justiz habe ich verloren", sagt Genditzkis Schwester nach dem Urteil weinend auf dem Gerichtsflur. "Die haben einfach unser Leben zerstört. Die haben Manni geraubt", beklagt Maryia, die Frau des Verurteilten. Die Familie und ihre Anwälte wollen dennoch weiterkämpfen. Was können sie erreichen?

Was ist wirklich in der Wohnung passiert?

Der Hamburger Rechtsmediziner Professor Dr. Klaus Püschel war in der Prüfung der Zulassung zur Wiederaufnahme als Gutachter in dem Fall Genditzki tätig. © NDR/SWR
Der Hamburger Rechtsmediziner Professor Dr. Klaus Püschel war in der Prüfung der Zulassung zur Wiederaufnahme als Gutachter in dem Fall Genditzki tätig.

"Da steht halt einer, der kann sich gegen diese Staatsmacht nicht wehren", sagt Rechtsanwältin Regina Rick. Sie will mit einem Wiederaufnahmeantrag den Prozess neu aufrollen. Gemeinsam suchen sie und der Rechtsmediziner Klaus Püschel in den Ermittlungsakten nach Widersprüchen und Anknüpfungspunkten für ein Wiederaufnahmeverfahren und setzen dabei auch auf neue wissenschaftliche Methoden.

Was ist in der Wohnung der Rentnerin wirklich passiert? Die renommierte Gerichtsreporterin Gisela Friedrichsen weiß, dass dieses Unterfangen nicht leicht ist: "Wenn man einen Wiederaufnahmeantrag stellen will, dann muss man Dinge herausfinden, die bisher noch überhaupt keine Rolle gespielt haben." Wird Regina Rick das gelingen?

Meike Pommer hat für ihren Film mit vielen Menschen gesprochen. Sie schlüsselt detailliert auf, wie die Polizei und das Gericht zu ihren Schlussfolgerungen kommen und wie auf der anderen Seite die Familie, Verteidiger und Freunde von Manfred Genditzkis Unschuld überzeugt sind und für ihn kämpfen.

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Redaktion
Florian Müller
Autor/in
Meike Pommer
Producer
Cassian von Salomon
Produktionsleiter/in
Virginia Maassen
Redaktionsassistenz
Anica Rose