Lebenslänglich!

Mittwoch, 24. April 2024, 22:45 bis 00:15 Uhr

1970. Irgendwann in der Nacht vom 12. auf den 13. April werden die Mainzer Kinderärztin Margot Geimer und ihre 17-jährige Tochter Dorothee in ihrem Haus ermordet. Der brutale Doppelmord sorgt bundesweit für Schlagzeilen und im beschaulichen Mainz für Entsetzen und Angst. Denn überall in der Stadt treiben sich zu dieser Zeit Spanner vor den Schlafzimmerfenstern junger Frauen herum. War es einer von ihnen? Welches Motiv gibt es für den Mord? Die Polizei tappt im Dunkeln. Keine Spuren am Tatort, keinerlei Hinweise auf ein gewaltsames Eindringen in die Ärztevilla. Die Tatwaffe? Sie wird nicht gefunden. Die Reihenfolge der Morde? Unklar. Die Polizei sucht nach Zeugen, verfolgt Hunderte von Spuren ohne nennenswerten Erfolg.

Rechtsanwältin Carolin Arnemann will einen Justizirrtum aufklären. © NDR/SWR
Rechtsanwältin Carolin Arnemann will einen Justizirrtum aufklären.
Seine Geständnisse widerrief Klaus Bräunig

Zwei Monate später endlich der Durchbruch. Ein Spanner wird auf frischer Tat ertappt und festgenommen. Klaus Bräunig, ein Hilfsarbeiter, 26 Jahre alt. Vier Tage nach seiner Verhaftung legt er ein Geständnis ab. Dann widerruft er alles. Um am selben Tag wieder zu gestehen. Ein Hin und Her, so geht das wochenlang. Beinahe pausenlos wird Bräunig vernommen, ohne juristischen Beistand, der einfache, intelligenzmäßig minderbemittelte Mann weiß nicht, dass er darauf ein Recht hat. Der Gefängnis-Seelsorger sorgt schließlich dafür, dass der Untersuchungshäftling einen Pflichtverteidiger bekommt. Schließlich bleibt Bräunig beim Widerruf des Geständnisses. Er habe nur gestanden, weil er wollte, dass die Verhöre aufhören. Der Mörder, sagt er, laufe draußen noch frei herum.

Ein zweifelhaftes und von Anfang an umstrittenes Urteil

Am 19. Juli 1972 wird Bräunig zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt. Allein auf Grundlage seiner Geständnisse. Handfeste Beweise gibt es nicht, keine Blutspuren, die ihm zugeordnet werden könnten, keine Fingerabdrücke. Nichts. Niemand hat ihn je am Tatort gesehen, auch Gegenüberstellungen bringen kein Resultat. Bei einer Tatrekonstruktion vor Ort kann Bräunig nicht einmal zeigen, wie er in das Haus gekommen sein will. Es ist ein zweifelhaftes und von Anfang an umstrittenes Urteil.

2022: Klaus Bräunig ist 77 Jahre alt und seit 52 Jahren in Haft, so lange wie kaum jemand in einem deutschen Gefängnis. Er gilt als Tatleugner und deshalb als gefährlich. Schon seit Jahrzehnten beschäftigt der Fall die Justiz, immer wieder gibt es Versuche, ihn neu aufzurollen. Aber die Hürden sind hoch, man braucht neue Sachverhalte, eindeutige Beweise, dass es Bräunig nicht gewesen ist.

Der Mordfall soll noch einmal vor Gericht

Die Münchner Rechtsanwältin Carolin Arnemann hat den Fall übernommen. Sie ist Expertin für Wiederaufnahmeverfahren. Und sie will den Mordfall Geimer noch einmal vor Gericht bringen. Gemeinsam mit ihr begibt sich das Autorenteam Marion Mück-Raab und Björn Platz auf Spurensuche. Gibt es neue Ermittlungsansätze, die damals übersehen wurden? Wie dünn ist das Eis, auf dem sich das Urteil gründet? Sitzt Klaus Bräunig zu Unrecht im Gefängnis?

Redaktion
Florian Müller
Achim Streit
Jürgen Flettner
Sabine Harder
Autor/in
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Produktionsleiter/in
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Redaktionsassistenz
Anica Rose
Jana Boetel
Autor/in
Marion Mück-Raab
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