Umfrage: Essen gehen wird zu teuer

Stand: 19.09.2023 08:30 Uhr

Ab kommendem Jahr soll die Mehrwertsteuer auf Speisen in Restaurants wieder auf 19 Prozent steigen. Laut einer #NDRfragt-Umfrage ist das für viele ein Grund, künftig weniger auswärts zu essen.

von Sabine Leipertz, Bastian Kießling

Familienfeier, Candlelight-Dinner oder Besuch im Schnellrestaurant: Das Auswärtsessen könnte wieder teurer werden, denn die Corona-bedingte Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent für Speisen in der Gastronomie läuft Ende des Jahres aus. Sollte es die Politik nicht doch noch anders entscheiden, gilt ab 1. Januar 2024 wieder der reguläre Satz von 19 Prozent.

Das findet eine deutliche Mehrheit von knapp drei Vierteln der Befragten (73 Prozent) schlecht. Für gut zwei Drittel ist Essengehen jetzt schon Luxus (69 Prozent). Wenn die Mehrwertsteuer wieder steigt, wollen viele seltener auswärts essen. Das zeigt eine Umfrage unter knapp 15.600 Norddeutschen in der #NDRfragt-Gemeinschaft. Die Befragten fürchten um das soziale Miteinander, sollte das Essengehen für immer mehr Menschen unerschwinglich werden. Alle Ergebnisse dieser nicht repräsentativen, aber gewichteten Umfrage gibt es hier alsPDF zum Herunterladen.

Mehrheit findet essen gehen wichtig

Für gut die Hälfte der befragten Norddeutschen ist auswärts zu essen sehr wichtig (17 Prozent) oder eher wichtig (35 Prozent), nur elf Prozent geben an, dass es ihnen gar nicht wichtig ist. Egal ob städtische Metropole oder Flächenland: Zwischen den Bundesländern gibt es dabei kaum Unterschiede. In Hamburg und Bremen ist den Befragten auswärts zu essen ähnlich wichtig wie in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein.

Trend: Weniger Menschen gehen essen

Schon heute gehen im Vergleich zu 2019 - also vor Corona und der jüngst starken Inflation - viele seltener in Restaurants und Gaststätten essen: 45 Prozent der Befragten sagen dies. Am häufigsten liegt das an den gestiegenen Kosten für Speisen. Das geben 41 Prozent der Umfrageteilnehmenden als wichtigsten Grund an.

"Essen gehen war vor ein paar Jahren noch so selbstverständlich, mal zum Mittagstisch mit den Kollegen, mal abends, mit dem Partner, mit den Kindern, mit Freunden. In den letzten Jahren war ich allerdings genau zwei mal auswärts essen - in einem schwedischen Möbelhaus. Es ist einfach zu teuer geworden, es ist eben ein Luxus geworden, den wir uns - zwei Vollzeitberufstätige mit drei Kindern - leider nicht mehr leisten können." #NDRfragt-Mitglied Anastasia (34), Schleswig-Holstein

Ist auswärts essen ein Luxus? Stimmen aus der #NDRfragt-Community:

#NDRfragt-Mitglied Angelika (69) aus Hamburg:
"Habe 1.700 Euro im Monat, bin Single und muss somit alles allein tragen, da bleibt kein Geld für gastronomische Erlebnisse übrig."
#NDRfragt-Mitglied Roland (65) aus Niedersachsen:
"Nach einer anstrengenden Arbeitswoche gemeinsam (mit der Liebsten) das Wochenende mit einem schönen Essen einzuläuten, war eine schöne, entspannende Tradition. Leider wird es mehr und mehr zum Luxus, da, wie bekannt, die Preise in Restaurants stark gestiegen sind. Außerdem kommt eine mehr und mehr unsicherere Zukunft dazu (man hält das Geld lieber zusammen)."

#NDRfragt-Mitglied Nele (22) aus Schleswig-Holstein:
"Essen gehen ist sehr teuer und ich/wir sind privilegiert, dass wir uns das leisten können. Deswegen ist es für mich purer Luxus."

Gleicher Steuersatz für alle

Den Befragten, die sich für die Rückkehr zum 19-Prozent-Mehrwertsteuersatz ausgesprochen haben, geht es vor allem um die Gleichbehandlung der Branchen. Die Senkung auf sieben Prozent nur einer Sparte zukommen zu lassen, empfinden sie als ungerecht, so auch Stefan aus Niedersachsen:

"Aus meiner Sicht ist das Problem nicht die Steuer. Die sollte für alle und überall gleich sein, jede Änderung führt zu Gerechtigkeitsdiskussionen. In der Pandemie war es eine richtige Maßnahme, da Restaurants etc. überproportional betroffen waren. Das eigentliche Problem ist die allgemeine Preissteigerung durch Inflation und vor allem Energiekosten. Das ist in den Preisen in den Restaurants jetzt schon deutlich spürbar." #NDRfragt-Mitglied Stefan (57) aus Niedersachsen

Meinungen aus der #NDRfragt-Community: Warum sollte die Mehrwertsteuer wieder angehoben werden?

#NDRfragt-Mitglied Gudrun (63) aus Mecklenburg-Vorpommern:
"Warum sollte auf diese Leistungen weniger MwSt. gezahlt werden als auf andere Dienstleistungen? Wenn, dann müsste auch z. B. der Friseur sieben Prozent MwSt. haben."
#NDRfragt-Mitglied Niklas (33) aus Niedersachsen:
"Ich finde es richtig, wenn alles außerhalb der Grundversorgung mit 19 Prozent MwSt. oder sogar noch höher besteuert wird, da unser Staat dringend auf Steuereinnahmen angewiesen ist (z. B. für Kindergärten, ÖPNV u.v.m.)."
#NDRfragt-Mitglied Madita (38) aus Niedersachsen:
"Alle anderen Bereiche des öffentlichen Lebens zahlen ebenfalls 19 Prozent MwSt. [...] Auf Dauer denke ich, dass sich an einer MwSt.-Senkung eh nur die Betriebe bereichern - schließlich sind die Preise in den Restaurants nicht gleich geblieben (bei steigenden Lebensmittelpreisen), was man bei zwölf Prozent weniger durchaus hätte erwarten können."

Steigende Preise vorhersehbar

Der Trend weniger auswärts essen zu gehen, könnte noch weiter befeuert werden. Gut vier von zehn Befragten geben an, seltener in Restaurants essen zu wollen, wenn die Preise aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung in die Höhe klettern. Knapp ein Drittel würde dann auch weniger in Imbissstuben oder Fast-Food-Restaurants speisen.

"Preise sind gestiegen, pro Kopf für ein Essen über 20 Euro. Mit einer vierköpfigen Familie mal essen gehen ist mittlerweile Luxus geworden. Man verdient gar nicht so viel, um die Preissteigerungen zu kompensieren." #NDRfragt-Mitglied Tanja (46) aus Mecklenburg-Vorpommern

Weitere Stimmen aus der #NDRfragt-Community:

#NDRfragt-Mitglied Yannick (22) aus Niedersachsen:
"Die Preise sind massiv angestiegen. Mit vier Euro für einen Döner war es noch billiger, nen Döner zu holen, als selbst zu kochen. Das sieht bei acht Euro momentan anders aus. Ne Currywurst mit Pommes für 15 Euro? Keinen Bock, ein Stundengehalt meiner Ausbildung für ne Currywurst auszugeben."
#NDRfragt-Mitglied Uli (42) aus Schleswig-Holstein:
"Ich werde nicht mehr Geld ausgeben, wenn die Preise steigen. Im Gegensatz zu Strom, Gas oder Diesel ist es deutlich einfacherer beim Essengehen den Konsum zu reduzieren. Und genau das mache ich, wenn die Preise steigen."
#NDRfragt-Mitglied Gesa (45) aus Niedersachsen:
"Essen gehen kann sich der normale Steuerzahler nicht mehr leisten . Als Krankenschwester habe ich im Monat nach Abzug aller laufenden Kosten 300 Euro zur Verfügung. Als Bürgergeldempfänger hätte ich knapp 600 Euro. Ich müsste also aufhören zu arbeiten, damit ich mir Essen gehen leisten könnte."

Bei welchen Gelegenheiten ist auswärts essen wichtig?

Jeden Mittag essen zu gehen, das ist für die Befragten in der #NDRfragt-Community kein Thema. Vor allem besondere Anlässe wie Familienfeiern, Jahres- und Geburtstage nennen sie als Gründe, nicht zuhause zu kochen, sondern lieber auswärts zu essen.

Restaurantbesuch: Zwischen Kultur und Teilhabe

Die eigenen Italienischkenntnisse in der Pizzaria um die Ecke auffrischen oder sich an der Vielfalt libanesischer Mezze zu erfreuen: Essengehen ist Teil der Kultur und für viele Menschen auch verbunden mit dem Interesse an anderen Kulturen. Andere wiederum genießen es, sich einfach mal verwöhnen zu lassen und sich um nichts kümmern zu müssen. Sieben von zehn Befragten (71 Prozent) machen sich Sorgen, dass das soziale Miteinander leidet, wenn Zeit mit Freunden und Familie beim gemeinsamen Essengehen verloren geht. Fast sechs von zehn Umfrageteilnehmenden (58 Prozent) glauben, dass das Gefühl der Teilhabe sinkt, wenn man es sich nicht mehr leisten kann, essen zu gehen.

"Es steht Kultur auf dem Spiel. Wir sind so daran gewöhnt, uns einzuigeln, dass es erst gar nicht schlimm wirkt. Aber auch das führt Menschen aus einer Gesellschaft heraus und es findet weniger sozialer Austausch statt." #NDRfragt-Mitglied Lena (27) aus Hamburg

Stimmen aus der #NDRfragt-Community: Was bedeutet es, essen zu gehen?

#NDRfragt-Teilnehmer Rolf (81) aus Hamburg:
"Als alleinstehender Witwer genieße ich es, hin und wieder in einem Restaurant zu essen, damit ich nicht immer alleine zu Hause am Mittagstisch sitze."
#NDRfragt-Mitglied Lars (52) aus Bremen:
“Je weniger man sich auch mal leisten kann, um so mehr leidet auch das Selbstbewusstsein. Außerdem hat man immer mehr das Gefühl, dass man durch normale Arbeit trotzdem nicht an der Gesellschaft teilnehmen kann, da alles zu teuer wird. Die soziale Spaltung wird immer größer.”
#NDRfragt-Mitglied Leonard (26) aus Hamburg:
"Für mich gehört auswärts essen gehen zur Kultur dazu. Über das Essen lernt man viele verschiedene Kulturen kennen und kommt mit anderen Bräuchen in Kontakt."
#NDRfragt-Mitglied Eileen (48) aus Mecklenburg-Vorpommern:
"Zum Miteinander bedarf es keines teuren Gastrobesuchs. Wichtig ist doch wer am Tisch sitzt, dass zusammen gelacht und geweint wird. Gemütlichkeit und Wohlfühlen ist mit ganz wenig erreichbar. Niemand sollte sich ausgeschlossen fühlen, nur weil er nicht Essen gehen kann."

Solidarität mit Gastronomiegewerbe

Ein menschenleeres Restaurant mit vielen Tischen und Stühlen. © Colourbox
Der Deutsche Hotel- und Gaststättenverband befürchtet die Schließung Tausender Betriebe.

Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) wären in Deutschland 12.000 Restaurants, Imbissstuben und Cafés von der Schließung bedroht, sollte in der Gastronomie wieder der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent gelten. "Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2024 wäre eine Katastrophe mit fatalen Folgen für die Betriebe unserer Branche und ihre Beschäftigten", warnte Dehoga-Präsident Guido Zöllick Anfang August im "Handelsblatt". Dass es um ihre Existenz geht, beschreiben auch Gastronomen aus der #NDRfragt-Community:

"Wir sind ein Familienbetrieb in vierter Generation in Schleswig-Holstein und auf Veranstaltungen spezialisiert. Bis zum Februar 2022 war es uns wegen Corona noch verboten überhaupt zu öffnen. Seitdem wir wieder öffnen dürfen, sind die Gäste durch den Krieg und die Energiekrise deutlich verunsichert. Bis heute haben wir trotz deutlich höherer Preise nicht unsere Umsätze aus 2019 erreicht. Wir brauchen dringend mehrere Jahre, in denen sich unser Betrieb von den schlechten Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 erholen kann!" #NDRfragt-Mitglied Claas (28) aus Schleswig-Holstein

 

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"Auswärts essen gehen ist mittlerweile zum Luxus geworden, und ich finde, dass die Mehrwertsteuer bei sieben Prozent bleiben, und nicht wieder auf 19 Prozent steigen sollte! Man muss auch mal an die Wirte und Besitzer von Gaststätten oder Restaurants denken, die auch darunter leiden würden." #NDRfragt-Mitglied Andres (61) aus Niedersachsen

Weitere Stimmen aus der #NDRfragt-Community:

#NDRfragt-Mitglied Moritz (23) aus Niedersachsen:
"Für Restaurants und Gastronomie - eine Branche mit ohnehin geringen Margen - sind einige Produkte, wie auch Personalkosten extrem gestiegen. Ich denke es gibt andere Bereiche, in denen die ausbleibenden Steuereinnahmen sinnvoller eingesammelt werden könnten."
#NDRfragt-Mitglied Heinrich (87) aus Hamburg:
"Es ist wichtig, dass wir die Restaurants jetzt unterstützen, damit sie sich nach Corona gut erholen können. Das geht aber nur in Rahmen der Möglichkeiten, z.B. ich bin Rentner."
#NDRfragt-Mitglied Max (25) aus Schleswig-Holstein:
"Lebensmittel sollten generell niedrig besteuert werden. Auswärts essen dann höher zu besteuern, macht es unattraktiv. Für Gäste wird es teurer, und die Gastwirtschaft leidet unter der Abnahme an Gästen."

Über #NDRfragt

Die Umfragen von #NDRfragt sind zwar nicht repräsentativ, stehen aber für die Meinungen einer großen Zahl von Norddeutschen. Wir gewichten die Antworten statistisch, damit #NDRfragt so gut wie möglich die Bevölkerungsgruppen in Norddeutschland widerspiegelt.

Über diese Befragung

Die Antworten stammen aus der Umfrage "Essen gehen - bald Luxus?", an der sich 15.598 Norddeutsche beteiligt haben. Für die Ergebnisse wurden Antworten ausgewertet, die vom 6. September 2023 bis zum 11. September 2023 um 9 Uhr abgegeben wurden. An den Umfragen von #NDRfragt nehmen Menschen aus Schleswig-Holstein, Hamburg, Niedersachsen, Mecklenburg-Vorpommern und Bremen teil. Die Umfragen werden online ausgefüllt.

Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings nach den statistischen Merkmalen Alter, Geschlecht, Bundesland und Schulabschluss gewichtet. Das heißt: Antworten von Bevölkerungsgruppen, die unter den Befragten seltener vertreten sind als in der norddeutschen Bevölkerung, fließen stärker gewichtet in die Umfrage-Ergebnisse ein. Und die Antworten von in der Befragung überrepräsentierten Gruppen werden schwächer gewichtet. Insgesamt verteilen sich die Antworten dann am Ende eher so, wie es der tatsächlichen Verteilung der Bevölkerungsgruppen in Norddeutschland entspricht.

#NDRfragt-Community wächst stetig

Die NDR Umfrage-Gemeinschaft #NDRfragt gibt es seit Ende Oktober 2022. Mittlerweile haben sich mehr als 30.000 Norddeutsche angemeldet. #NDRfragt ist das Meinungsbarometer für den Norden. Wer noch nicht dabei ist, aber mitmachen will, kann sich registrieren und an den Umfragen teilnehmen. Mitglied kann werden, wer in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg oder Bremen wohnt und mindestens 16 Jahre alt ist.

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Das Logo von #NDRfragt © Getty Images | iStockphoto Foto: BongkarnThanyakij

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Eine Frau schaut auf einen Monitor mit dem Schriftzug "#NDRfragt" (Montage) © Colourbox

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Dieses Thema im Programm:

NDR Info | Aktuell | 19.09.2023 | 06:36 Uhr

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