Umfrage: Essen gehen wird zu teuer
Familienfeier, Candlelight-Dinner oder Besuch im Schnellrestaurant: Das Auswärtsessen könnte wieder teurer werden, denn die Corona-bedingte Senkung der Mehrwertsteuer auf sieben Prozent für Speisen in der Gastronomie läuft Ende des Jahres aus. Sollte es die Politik nicht doch noch anders entscheiden, gilt ab 1. Januar 2024 wieder der reguläre Satz von 19 Prozent.
Das findet eine deutliche Mehrheit von knapp drei Vierteln der Befragten (73 Prozent) schlecht. Für gut zwei Drittel ist Essengehen jetzt schon Luxus (69 Prozent). Wenn die Mehrwertsteuer wieder steigt, wollen viele seltener auswärts essen. Das zeigt eine Umfrage unter knapp 15.600 Norddeutschen in der #NDRfragt-Gemeinschaft. Die Befragten fürchten um das soziale Miteinander, sollte das Essengehen für immer mehr Menschen unerschwinglich werden. Alle Ergebnisse dieser nicht repräsentativen, aber gewichteten Umfrage gibt es hier alsPDF zum Herunterladen.
Mehrheit findet essen gehen wichtig
Für gut die Hälfte der befragten Norddeutschen ist auswärts zu essen sehr wichtig (17 Prozent) oder eher wichtig (35 Prozent), nur elf Prozent geben an, dass es ihnen gar nicht wichtig ist. Egal ob städtische Metropole oder Flächenland: Zwischen den Bundesländern gibt es dabei kaum Unterschiede. In Hamburg und Bremen ist den Befragten auswärts zu essen ähnlich wichtig wie in Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen oder Schleswig-Holstein.
Trend: Weniger Menschen gehen essen
Schon heute gehen im Vergleich zu 2019 - also vor Corona und der jüngst starken Inflation - viele seltener in Restaurants und Gaststätten essen: 45 Prozent der Befragten sagen dies. Am häufigsten liegt das an den gestiegenen Kosten für Speisen. Das geben 41 Prozent der Umfrageteilnehmenden als wichtigsten Grund an.
"Essen gehen war vor ein paar Jahren noch so selbstverständlich, mal zum Mittagstisch mit den Kollegen, mal abends, mit dem Partner, mit den Kindern, mit Freunden. In den letzten Jahren war ich allerdings genau zwei mal auswärts essen - in einem schwedischen Möbelhaus. Es ist einfach zu teuer geworden, es ist eben ein Luxus geworden, den wir uns - zwei Vollzeitberufstätige mit drei Kindern - leider nicht mehr leisten können." #NDRfragt-Mitglied Anastasia (34), Schleswig-Holstein
Gleicher Steuersatz für alle
Den Befragten, die sich für die Rückkehr zum 19-Prozent-Mehrwertsteuersatz ausgesprochen haben, geht es vor allem um die Gleichbehandlung der Branchen. Die Senkung auf sieben Prozent nur einer Sparte zukommen zu lassen, empfinden sie als ungerecht, so auch Stefan aus Niedersachsen:
"Aus meiner Sicht ist das Problem nicht die Steuer. Die sollte für alle und überall gleich sein, jede Änderung führt zu Gerechtigkeitsdiskussionen. In der Pandemie war es eine richtige Maßnahme, da Restaurants etc. überproportional betroffen waren. Das eigentliche Problem ist die allgemeine Preissteigerung durch Inflation und vor allem Energiekosten. Das ist in den Preisen in den Restaurants jetzt schon deutlich spürbar." #NDRfragt-Mitglied Stefan (57) aus Niedersachsen
Steigende Preise vorhersehbar
Der Trend weniger auswärts essen zu gehen, könnte noch weiter befeuert werden. Gut vier von zehn Befragten geben an, seltener in Restaurants essen zu wollen, wenn die Preise aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung in die Höhe klettern. Knapp ein Drittel würde dann auch weniger in Imbissstuben oder Fast-Food-Restaurants speisen.
"Preise sind gestiegen, pro Kopf für ein Essen über 20 Euro. Mit einer vierköpfigen Familie mal essen gehen ist mittlerweile Luxus geworden. Man verdient gar nicht so viel, um die Preissteigerungen zu kompensieren." #NDRfragt-Mitglied Tanja (46) aus Mecklenburg-Vorpommern
Bei welchen Gelegenheiten ist auswärts essen wichtig?
Jeden Mittag essen zu gehen, das ist für die Befragten in der #NDRfragt-Community kein Thema. Vor allem besondere Anlässe wie Familienfeiern, Jahres- und Geburtstage nennen sie als Gründe, nicht zuhause zu kochen, sondern lieber auswärts zu essen.
Restaurantbesuch: Zwischen Kultur und Teilhabe
Die eigenen Italienischkenntnisse in der Pizzaria um die Ecke auffrischen oder sich an der Vielfalt libanesischer Mezze zu erfreuen: Essengehen ist Teil der Kultur und für viele Menschen auch verbunden mit dem Interesse an anderen Kulturen. Andere wiederum genießen es, sich einfach mal verwöhnen zu lassen und sich um nichts kümmern zu müssen. Sieben von zehn Befragten (71 Prozent) machen sich Sorgen, dass das soziale Miteinander leidet, wenn Zeit mit Freunden und Familie beim gemeinsamen Essengehen verloren geht. Fast sechs von zehn Umfrageteilnehmenden (58 Prozent) glauben, dass das Gefühl der Teilhabe sinkt, wenn man es sich nicht mehr leisten kann, essen zu gehen.
"Es steht Kultur auf dem Spiel. Wir sind so daran gewöhnt, uns einzuigeln, dass es erst gar nicht schlimm wirkt. Aber auch das führt Menschen aus einer Gesellschaft heraus und es findet weniger sozialer Austausch statt." #NDRfragt-Mitglied Lena (27) aus Hamburg
Solidarität mit Gastronomiegewerbe
Laut einer Umfrage des Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (DEHOGA) wären in Deutschland 12.000 Restaurants, Imbissstuben und Cafés von der Schließung bedroht, sollte in der Gastronomie wieder der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent gelten. "Eine Erhöhung der Mehrwertsteuer zum 1. Januar 2024 wäre eine Katastrophe mit fatalen Folgen für die Betriebe unserer Branche und ihre Beschäftigten", warnte Dehoga-Präsident Guido Zöllick Anfang August im "Handelsblatt". Dass es um ihre Existenz geht, beschreiben auch Gastronomen aus der #NDRfragt-Community:
"Wir sind ein Familienbetrieb in vierter Generation in Schleswig-Holstein und auf Veranstaltungen spezialisiert. Bis zum Februar 2022 war es uns wegen Corona noch verboten überhaupt zu öffnen. Seitdem wir wieder öffnen dürfen, sind die Gäste durch den Krieg und die Energiekrise deutlich verunsichert. Bis heute haben wir trotz deutlich höherer Preise nicht unsere Umsätze aus 2019 erreicht. Wir brauchen dringend mehrere Jahre, in denen sich unser Betrieb von den schlechten Jahren 2020, 2021, 2022 und 2023 erholen kann!" #NDRfragt-Mitglied Claas (28) aus Schleswig-Holstein
Neben ihrem eigenen Geldbeutel machen sich befragte Norddeutsche auch Gedanken um die Betriebe und die Folgen für sie, wenn der Mehrwertsteuersatz wieder angehoben wird:
"Auswärts essen gehen ist mittlerweile zum Luxus geworden, und ich finde, dass die Mehrwertsteuer bei sieben Prozent bleiben, und nicht wieder auf 19 Prozent steigen sollte! Man muss auch mal an die Wirte und Besitzer von Gaststätten oder Restaurants denken, die auch darunter leiden würden." #NDRfragt-Mitglied Andres (61) aus Niedersachsen
Über #NDRfragt
Die Umfragen von #NDRfragt sind zwar nicht repräsentativ, stehen aber für die Meinungen einer großen Zahl von Norddeutschen. Wir gewichten die Antworten statistisch, damit #NDRfragt so gut wie möglich die Bevölkerungsgruppen in Norddeutschland widerspiegelt.
#NDRfragt-Community wächst stetig
Die NDR Umfrage-Gemeinschaft #NDRfragt gibt es seit Ende Oktober 2022. Mittlerweile haben sich mehr als 30.000 Norddeutsche angemeldet. #NDRfragt ist das Meinungsbarometer für den Norden. Wer noch nicht dabei ist, aber mitmachen will, kann sich registrieren und an den Umfragen teilnehmen. Mitglied kann werden, wer in Niedersachsen, Schleswig-Holstein, Mecklenburg-Vorpommern, Hamburg oder Bremen wohnt und mindestens 16 Jahre alt ist.