Die Nordreportage: 24 Stunden bis zur Auslieferung

Donnerstag, 18. April 2024, 02:00 bis 02:45 Uhr

Es ist 23.00 Uhr, Schichtbeginn für Manuel. Er ist Technischer Leiter im Hermes Versandzentrum Hamburg-Billbrook. Bis zum nächsten Morgen kümmert er sich um den technischen Ablauf. Daher heißt er im Kollegium auch der "Kümmerer". Die ganze Nacht ist er auf der Anlage, groß wie zwei Fußballfelder, unterwegs. Wenn ein Band hakt, eine Sortierwanne schief aufliegt, Manuel richtet es und verhindert so langwierige Störungen.

13.500 Pakete pro Stunde im Versandzentrum

"Die Tüten immer mit dem Henkel nach hinten", weist er neue Mitarbeitende an den Sortiermaschinen ein. Die bleiben sonst hängen und die Maschinen melden eine Störung oder bleiben gar stehen. Und das darf nicht passieren. Immerhin werden pro Stunde 13.500 Pakete versandfertig gemacht.

Bis zu 13.500 Artikel werden pro Stunde versandfertig gemacht. © NDR/ADAMfilm
Im Hermes Versandzentrum Hamburg-Billbrook werden bis zu 13.500 Artikel pro Stunde versandfertig gemacht.

Alles was größer als 1,20 Meter in der Seitenlänge ist, geht extra. So wie bei den Sperrgutschaltern am Flughafen. Von Billbrook aus werden nur sogenannte "Einmann-Artikel" versendet. Dinge, die eine Person tragen kann. Dazu gehören auch Flatscreens oder kleine Möbelstücke.

Retouren vermeiden, Webshop optimieren

Damit es bei den Möbeln zu weniger Retouren kommt, entwickelt Tobias Nientiedt davon aufwendige 3D-Modelle. Diese kann sich die Kundschaft vorher auf ein Foto ihres Zimmers legen und dann erkennen, ob sie passen, zu groß sind oder nicht gut zur vorhandenen Einrichtung aussehen. Die 3D-Abteilung sitzt in der OTTO Firmenzentrale in Hamburg-Bramfeld. Anders als der große Konkurrent Amazon setzt das Hamburger Unternehmen darauf, Retouren zu vermeiden. Tobias Nientiedt, seine Kollegen und Kolleginnen arbeiten an der Optimierung des Webshops und an immer neuen Möglichkeiten für Interessierte, die Artikel zielgerichtet zu bestellen.

120.000 Retouren kommen täglich in Hamburg Bramfeld an. © NDR/ADAMfilm
120.000 Retouren kommen täglich in der OTTO-Firmenzentrale in Hamburg-Bramfeld an.

Trotzdem kommen in der Retourenabteilung, zwei Gebäude weiter, täglich 120.000 Artikel wieder zurück. Sie sind zu groß oder zu klein, haben die falsche Farbe oder einen anderen Grund, warum sie zurückgeschickt worden sind. Durchschnittlich dauert es 90 Minuten, bis eine Retoure wieder versandfertig ist. 97 Prozent gehen wieder in den Versand, drei Prozent an Weiterverkaufende. Der Anteil an Ware, der vernichtet wird, liegt im Promillebereich.

Klick löst spektakuläre Bestellkette aus

Der Klick der Kundschaft beim Onlineanbieter löst eine spektakuläre Kette aus. So muss der Teddy beispielsweise schnellstmöglich geliefert werden, damit er als Geschenk zum Antrittsbesuch beim gerade geborenen Großneffen überreicht werden kann.

Die Nordreportage zeigt die Verlaufskette und unglaubliche Logistik, die vom Bestellklick bis zum Klingeln des Paketboten stattfindet. Hunderttausende Pakete, die binnen 24 Stunden beim Kunden sein sollen. Fast komplett automatisierte Abläufe, die aber am Ende nicht ohne die händische Kontrolle von Menschen funktionieren. Sie zeigt aber auch die vom Zeitdruck geprägte Arbeit der Auslieferer, das Problem von Zigtausenden Retouren am Tag und nicht zuletzt die Herausforderungen einer Branche, die in Coronazeiten boomt, während sie gleichzeitig von genau deren Einschränkungen betroffen ist.

Produktionsleiter/in
Frederik Keunecke
Redaktion
Birgit Schanzen
Autor/in
Sebastian Rieck
Redaktion
Dirk Külper, Arne Siebert