Neubrandenburg: Vier Tore und der Tollensesee
Vier mittelalterliche Stadttore und eine mächtige Konzertkirche: Neubrandenburg ist ein beliebtes Ziel für Kulturfreunde. Weiteres Plus: die reizvolle Lage am Tollensesee.
Mecklenburg-Vorpommerns drittgrößte Stadt nach Rostock und Schwerin steht touristisch ein wenig im Schatten der bekannten Hansestädte Wismar und Greifswald. Dabei bietet Neubrandenburg neben historischen Gebäuden mit dem Tollensesee auch eine landschaftliche Attraktion. Der See mit gut 17 Quadratkilometern Wasserfläche gehört zu den zehn größten Gewässern des Landes.
Ideal für Wassersport und zum Baden
Malerisch liegt er in einer hügligen Waldlandschaft, meist säumen Bäume und Schilf das Ufer. Wegen der intakten Natur wird der Tollensesee von Wassersportlern, Tauchern und Badelustigen gleichermaßen geschätzt. Radfahrer können das Gewässer auf einem 35 Kilometer langen Weg umrunden, der auch den See Lieps südlich des Tollensesees erschließt. Wer nicht die ganze Runde radeln möchte, kann mit einem Linienschiff zurückfahren, das an mehreren Stationen hält.
Strände und Boote am Nordufer
Am Nordufer des etwa zehn Kilometer langen und zweieinhalb Kilometer breiten Sees gibt es mehrere Badestellen wie das Augustabad, wo bereits Theodor Fontane 1897 den Blick über das Wasser genoss. Seit vielen Jahren weht die Blaue Flagge über dem Strand und bescheinigt die ausgezeichnete Wasserqualität. Die gepflegten Anlagen am Ufer laden zu Spazierengängen ein, an Bootsanlegern schaukeln Segelboote, Fahrgastschiffe laden im Sommer zu Rundfahrten ein. Erfahrene Taucher können mit ortskundiger Begleitung die Ruine einer Torpedo-Versuchsanlage aus der Nazi-Zeit erkunden.
Durch den Park ins Zentrum
Der Kulturpark verbindet den See mit der Altstadt. Der weitläufige Park wurde in den 1970er-Jahren angelegt und bietet Raum für sportliche Aktivitäten, Liegewiesen, ein Tiergehege und mit der Stadthalle auch ein Veranstaltungszentrum. Neubrandenburgs Beiname "Viertorestadt" bezieht sich auf vier Tore in der mittelalterlichen Wallanlage, die das Zentrum umschließt. Die heutigen Backsteinbauten entstanden am Anfang des 14. Jahrhunderts und lösten hölzerne Bollwerke ab. Die älteste und größte Toranlage ist das Friedländer Tor im Nordosten der Altstadt. Noch bis 1863 gab es in der Stadt Torzwang: Abends wurden die Pforten geschlossen und erst am nächsten Morgen wieder geöffnet.
Grüne Wallanlagen
Sehenswert sind auch die sogenannten Wiekhäuser. Die ehemaligen Wachhäuser in der Stadtmauer werden heute als Läden, Galerien oder Gaststätten genutzt und sind so für Besucher zugänglich. Die Wallanlage bildet einen steinernen Doppelring um den Stadtkern. Zwischen den Mauern hat sich ein 20 bis 30 Meter breiter, üppiger Grünstreifen gebildet, geprägt von bis zu 300 Jahre alten Eichen. Dort steht auch ein Denkmal, das an einen der großen Söhne der Stadt erinnert - den Dichter und plattdeutschen Bestsellerautor Fritz Reuter.
Konzertkirche: Neuer Klang in alten Mauern
Größtes Baudenkmal der Stadt und eine architektonische Attraktion ist die Konzertkirche Neubrandenburg - so heißt die ehemalige Pfarrkirche St. Marien seit 2001. Die dreischiffige Kirche wurde Mitte des 13. Jahrhunderts erbaut, mehrmals durch Brände in Mitleidenschaft gezogen, wiederaufgebaut und im Zweiten Weltkrieg bis auf die Außenmauern und Teile des Turmes zerstört. Mitte der 1970er-Jahre begann der Wiederaufbau: Dach, Turm und Außenhülle mit dem imposanten Ostgiebel im Stil der norddeutschen Backsteingotik wurden wiederhergestellt.
Ab 1996 wurde die Kirche in ein Konzerthaus mit mobilen Bühnenelementen umgewandelt. In die Backstein-Hülle integrierte der finnische Architekt Pekka Salminen einen modernen Glasbau mit einer hervorragenden Akustik. Die Konzertkirche ist heute eine der Spielstätten der Neubrandenburger Philharmonie und der Festspiele Mecklenburg-Vorpommern. Im Turm der Kirche wird die Dauerausstellung "Wege zur Backsteingotik" gezeigt.
Traditionsreiche Mühlen
Eine wichtige Rolle für Neubrandenburg spielten in der Vergangenheit Mühlen. Ihre Geschichte lässt sich bis ins 13. Jahrhundert zurückverfolgen. Ein imposantes und gut erhaltenes Exemplar ist die Vierrademühle vor dem Treptower Tor, ein mehrgeschossiger Backsteinbau mit Fachwerk-Anbau. Sie wurde 1271, kurz nach der Stadtgründung, erstmals in einer Urkunde erwähnt und entwickelte sich zu einer der größten Mühlen Mecklenburgs. Der Oberbach, ein 860 Meter langer Kanal, trieb ihre vier Wasserräder an. Dazu musste der Wasserspiegel des Tollensesees um etwa einen Meter steigen. Dies gelang, indem sein natürlicher Abfluss am Nordufer versperrt wurde.
Behmshöhe: Blick über See und Stadt
Am Ostufer des Tollensesees bietet sich vom Aussichtsturm Behmshöhe ein schöner Blick über das Gewässer und die Stadt. 111 Stufen führen zur Aussichtsplattform des 34 Meter hohen, viereckigen Bauwerks. Er steht ebenso unter Denkmalschutz wie eine lange Liste weiterer Bauwerke in Neubrandenburg. Dazu gehören neben ganzen Straßenzügen in der Altstadt mit ihrem rechtwinkligen Grundriss auch der Bahnhof, Kirchen und das Franziskanerkloster. Am nordwestlichen Seeufer steht hoch über dem See das Belvedere, ein Schmuckbau, der an einen griechischen Tempel erinnert.
Durch das Tollensetal in Richtung Norden
Naturfreunde sollten der Tollense, einem Flüsschen, das sich aus dem gleichnamigen See speist, in nördliche Richtung folgen. Die abschmelzenden Gletscher der jüngsten Eiszeit formten vor rund 10.000 Jahren das Tollensetal. 1996 wurden dort Spuren einer Schlacht in der Bronzezeit entdeckt - es ist das vermutlich älteste bekannte Schlachtfeld Europas. An seinen Rändern wechseln sich Höhenzüge und Hügel ab, der kleine Fluss zieht sich in vielen Windungen durch das Tal. Paddler nutzen das weitgehend naturbelassene Gewässer für Ausflüge. Besucher können Burg Klempenow besichtigen und dort auch Kanus leihen. Nach knapp 70 Kilometern mündet die Tollense bei Demmin in die Peene.
Ausflugstipp: Hexenmuseum und Sommerodelbahn
Weiteres Ausflugsziel in der Nähe von Neubrandenburg ist die Alte Burg Penzlin, auch bekannt unter dem Namen Burg Maltzan. Hier informiert ein Museum über mittelalterliche Hexenverbrennungen. Besucher können eine Folterkammer und unterirdische Verliese besichtigen. Außerdem lockt die Kleinstadt Burg Stargard mit einer Sommerrodelbahn. Ein Lift zieht die Schlitten aufwärts, dann folgt eine rasante gut 700 Meter lange Abfahrt in einer Metallrinne.