Stand: 31.08.2009 19:06 Uhr

Heinze kaufte auch ihre eigenen Drehbücher

von Ilka Steinhausen
Doris Heinze © dpa Foto: Achim Scheidemann
Doris Heinze schrieb offenbar unter dem Pseudonym Marie Funder selbst. (Archivbild)

Als Redaktionsleiterin Fernsehspiel hatte Doris Heinze täglich mit Drehbüchern von Spielfilmen und Krimis zu tun. Offenbar reizte sie es auch, selbst zu schreiben. Wie sich jetzt herausstellte, hat sie nicht nur ihrem Ehemann ein Pseudonym gegeben und dessen Drehbücher für den NDR eingekauft, sondern auch sich selbst. Neuesten Erkenntnissen des NDR zufolge war die Autorin Marie Funder eine erfundene Person - hinter der tatsächlich Doris Heinze selbst steckt, so Unterhaltungschef Thomas Schreiber. "Neu für den NDR sind die Erkenntnisse, dass Doris Heinze als verantwortliche Redakteurin des NDR sich selber Drehbuchaufträge erteilt hat, diese Drehbuchaufträge honoriert hat und zusätzlich noch ihre eigene Redakteurin war."

Vertrauensverlust bei den Leuten

Dabei hätte Doris Heinze selbst Drehbücher für den NDR schreiben dürfen, auch als leitende Redakteurin. Doch dann hätte sie deutlich weniger Honorar bekommen. So kassierte sie unter ihrem Pseudonym das volle Honorar - ohne dass irgendjemand etwas ahnte. Im NDR und in der Film-Branche ist man geschockt. "Ich führe im Augenblick ganz viele Gespräche mit Regisseuren, Produzenten, Schauspielern, die alle vollkommen schockiert sind. Das ändert nichts an der wirklich herausragenden Arbeit, die Doris Heinze im NDR und für die ARD geleistet hat - aber das Gefühl zu haben, so hintergangen und betrogen worden zu sein, das ist schon sehr schwer", sagte Schreiber.

Hinweise offenbar schon seit drei Jahren

Zeitungsberichten zufolge gab es schon seit Langem Gerüchte über mögliche Machenschaften der Fernsehspiel-Leiterin Heinze und ihrem Ehemann alias Niklas Becker. Pim Richter vom Verband Deutscher Drehbuchautoren sagte im "Spiegel", es habe schon lange Hinweise darauf gegeben, es habe sich aber niemand getraut, etwas gegen die erfolgreiche NDR Mitarbeiterin zu sagen. NDR Intendant Lutz Marmor findet diese Aussage wenig hilfreich: "Da habe ich mich schon sehr gewundert, denn wenn jemand über drei Jahre, wie es dort hieß, schon Hinweise erhalten hat, dann wäre es ein Leichtes gewesen, und das hätte ich auch erwartet von einem Verband, sich an den Intendanten, den Justiziar, den Fernsehprogrammdirektor oder wen auch immer im Norddeutschen Rundfunk zu wenden. Und dann hätten wir das möglicherweise schon früher aufgeklärt."

Marmor: Wir untersuchen erst und informieren dann

Anstatt dessen kam das falsche Spiel von Doris Heinze durch einen Bericht der "Süddeutschen Zeitung" an die Öffentlichkeit. Jeden Tag gibt es neue Gerüchte und Verdächtigungen - doch der Intendant des Norddeutschen Rundfunks warnt davor, nicht bewiesene Dinge zu veröffentlichen: "Wir ermitteln ja laufend und wir können nur auch aus arbeitsrechtlichen Gründen Dinge öffentlich machen, die wirklich absolut sicher für uns belegt sind. Und wir möchten ja auch nicht die laufenden Untersuchungen beeinträchtigen. Das ist der Grund, weshalb dieser Eindruck entstehen kann, aber wenn wir etwas gesichert wissen, dann informieren wir auch unverzüglich die Öffentlichkeit - Transparenz ist uns da wirklich wichtig."

Im NDR laufen die Nachforschungen auf Hochtouren - die Verantwortlichen stehen mit der Staatsanwaltschaft in engem Kontakt. Sicher scheint heute zu sein, dass Doris Heinze ihrem Arbeitgeber nicht nur einen Imageschaden zugefügt hat, sondern nun auch einen finanziellen.

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