Ergebnis zu den verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Stellung des Datenschutzbeauftragten beim NDR

1. Die grundrechtliche Kollisionslage zwischen der Rundfunkfreiheit, die für die Information der Bevölkerung einer demokratischen Gesellschaft unerlässlich ist, und dem Recht des Einzelnen auf Schutz seiner Daten schlägt sich im Bereich des Datenschutzes im Rundfunk exemplarisch nieder.

2. Die Rundfunkfreiheit stellt als so genannte dienende Freiheit ein drittnütziges Freiheitsrecht dar. Sie dient der freien, individuellen und öffentlichen Meinungsbildung und ist Grundvoraussetzung für eine funktionsfähige Demokratie.

3. Aus dem Konzept der Rundfunkfreiheit als dienender Freiheit ergibt sich die Pflicht des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zur Grundversorgung der Bevölkerung.

4. Der Grundsatz der Autonomie des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, der eng mit dem Pluralitätsgebot zusammenhängt, konkretisiert sich im verfassungsrechtlichen Gebot der Staatsferne des Rundfunks.

5. Der Konflikt zwischen Recht auf informationelle Selbstbestimmung und Rundfunkfreiheit erfährt durch das Medienprivileg als einfachgesetzlicher Umsetzung des Verfassungsgebotes aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG eine sachgerechte Lösung. Der datenschutzrechtliche Grundsatz in dubio pro securitate muss daher für den Datenschutz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk durch den Grundsatz in dubio pro libertate zugunsten der Rundfunkfreiheit ersetzt werden.

6. Der Grundrechtsschutz durch Verfahren besitzt für die Sicherung der Rundfunkfreiheit entscheidende Bedeutung. Der Gesetzgeber hat den verfassungsrechtlichen Auftrag, die Rundfunkfreiheit insbesondere durch Verfahrensregelungen zu konkretisieren.

7. Die Kompetenz für den Datenschutz im Rundfunk liegt ¿ außer für die Deutsche Welle, auf die § 41 BDSG Anwendung findet, ¿ bei den Ländern.

8. Das Gebot der Staatsferne des öffentlich-rechtlichen Rundfunks verlangt zum einen, dass sich staatliche Stellen nicht in die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks einmischen. Zum anderen muss auch die Organisation der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten staatsfern erfolgen, so dass sich aus dem Gebot der Staatsferne auch das Selbstverwaltungsrecht der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten ableitet.

9. Da sich eine Kontrolle des Datenschutzes im Rundfunk durch externe staatliche Behörden wegen des Gebots der Staatsferne als verfassungsrechtlich unzulässig erweist, ist es verfassungsrechtlich geboten, einen anstaltseigenen Datenschutzbeauftragten einzusetzen.

10. Dieser Datenschutzbeauftragte ist in Ausübung seines Amtes unabhängig und nur dem Gesetz unterworfen. Er besitzt eine richterähnliche Stellung und kann daher auch von keiner Seite Weisungen erhalten.

11. Der einfache Gesetzgeber muss bei der Ausgestaltung des Verfahrens der Bestellung des Datenschutzbeauftragten beim Rundfunk dessen Unabhängigkeit gewährleisten. Insbesondere bei einer nebenamtlichen Tätigkeit als Datenschutzbeauftragter ist auf eine organisatorische Trennung der verschiedenen Aufgaben zu achten.

12. Zu Sicherung seiner Unabhängigkeit muss der Datenschutzbeauftragte eine eigene finanzielle Ausstattung erhalten, die ihm zumindest eine eigenständige Büroverwaltung ermöglicht.

13. Da eine Trennung zwischen personenbezogenen Verwaltungsdaten und journalistisch-redaktionellen Daten in der Praxis kaum durchführbar ist, muss der Datenschutzbeauftragte beim Rundfunk alle von der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt gespeicherten Daten kontrollieren.

NDR Logo
Dieser Artikel wurde ausgedruckt unter der Adresse: https://www.ndr.de/der_ndr/unternehmen/studie4.html