Stand: 25.08.2022 15:15 Uhr

Stellungnahme des NDR Redaktionsausschusses zur Veröffentlichung des „business insider“

Im Herbst 2020 hat ein Mitarbeiter des Landfunkhauses Kiel den Redaktionsausschuss (RA) gebeten, sich mit einem Konflikt zu befassen, der zwischen ihm und seinen redaktionellen Vorgesetzten um die Frage entstanden war, ob man ein Interview mit dem zurückgetretenen Landesminister Hans-Joachim Grote führen sollte. Der Redaktionsausschuss hat sich mit dieser Frage über einen langen Zeitraum intensiv auseinandergesetzt. Der RA hat die beteiligten Akteure mehrfach befragt, ihre Sicht auf den Sachverhalt eingeholt und schließlich im Dezember 2021 einen umfangreichen und detaillierten Abschlussbericht verfasst und diesen der Geschäftsleitung des NDR übergeben.

In diesem Bericht kommt der NDR Redaktionsausschuss u. a. zu dem Schluss, dass das Interview mit dem ehemaligen Landesminister Grote hätte geführt werden müssen. Aus Sicht des Redaktionsausschusses stellt auch ein Interview eine Form der Recherche dar und der NDR hat damit die Chance nicht genutzt, konkrete und kritische Fragen an einen entlassenen Minister zu stellen. In dieser Einschätzung weicht der Redaktionsausschuss von der Haltung der Redaktionsleitung in Kiel ab. Den Verdacht, dass eine politische Motivation hinter der Absage des Interviews stehen könnte, macht sich der Redaktionsausschuss nicht zu eigen. Der Ausschuss sieht aber die Gefahr, dass so ein Verdacht entstehen könnte, wenn Fälle wie dieser nicht gründlich genug aufgeklärt werden.   

Es haben sich im Laufe der Monate acht Kolleg*innen aus eigenem Antrieb an den Redaktionsausschuss gewandt und vertraulich von großen Sorgen und Problemen im LFH Kiel berichtet. Der Ausschuss nimmt diese Schilderungen der Mitarbeiter*innen sehr ernst, geht diesen Vorwürfen nach und versucht diese separat aufzuklären. Dafür werden noch weitere Gespräche geführt. Ziel muss es innerhalb des NDR sein, dass Kolleg*innen offen Kritik äußern können und nicht aus Angst vor Konsequenzen nur anonym. 

Es ist laut Statut die Aufgabe des Redaktionsausschusses als gewählte Vertretung der journalistisch arbeitenden Mitarbeiter*innen des NDR, sich sachlich und vertrauensvoll mit den Anliegen der Programm-Mitarbeitenden zu befassen. Der Redaktionsausschuss ist ein neutrales, unparteiisches Gremium, dass sich um interne Programmkonflikte kümmert, kritische Fragen stellt, alle Beteiligten zu Wort kommen lässt, sachlich abwägt, versucht, Konflikte konstruktiv und vermittelnd mit zu lösen. Im besten Fall stößt der Redaktionsausschuss innerhalb des Senders eine offene Debatte an, um nicht zuletzt Schaden vom NDR abzuhalten.

Der Redaktionsausschuss befindet sich nach wie vor im Austausch mit allen Beteiligten und bemüht sich konstruktiv zu einer schnellen und vollständigen Klärung der Angelegenheit beitragen zu können. Ziel ist es, dass der NDR weiterhin für herausragenden, zu allen Seiten kritischen Journalismus steht.