Stand: 26.11.2013 16:30 Uhr

NDR 1 Welle Nord und Schleswig-Holstein Magazin exklusiv: Kritik an Verteilung von Geldauflagen durch Gerichte

Für eine Strafe zu wenig, für einen Freispruch zu viel: Im Zusammenhang mit der Einstellung von Verfahren haben Richter und Staatsanwälte in Schleswig-Holstein im vergangenen Jahr Geldauflagen in Höhe von rund einer halben Million Euro an gemeinnützige Organisationen oder soziale Einrichtungen verteilt. Das geht aus der Antwort der Landesregierung auf eine kleine Anfrage der Piratenpartei hervor. Doch genau diese Vergabepraxis rückt nach Recherchen von NDR 1 Welle Nord und NDR Schleswig-Holstein Magazin jetzt in die Kritik.

Denn wer das Geld bekommt, entscheiden Richter und Staatsanwälte in Schleswig-Holstein allein. Dazu heißt es in der Antwort der Landesregierung: "Eine Erweiterung der Überprüfungs- und Kontrollmöglichkeiten ist nicht beabsichtigt."
An dieser Haltung übt der Schleswig-Holsteinische Landtagsabgeordnete der Piratenpartei, Patrick Breyer, deutliche Kritik: "Es muss der Anschein vermieden werden, dass Richter oder Staatsanwälte bei der Zuweisung von Geldauflagen private oder familiäre Interessen verfolgen." Bei der Auswahl der Geldempfänger sieht Breyer eine "Gesetzeslücke".

Richter und Staatsanwälte wehren sich gegen die Forderung nach mehr Kontrolle und Transparenz. Das verstoße gegen das Gebot der richterlichen Unabhängigkeit, heißt es vom Schleswig-Holsteinischen Richterverband.

Für soziale Einrichtungen und gemeinnützige Organisationen ist die Vergabe von Geldauflagen überlebenswichtig. Experten gehen davon aus, dass auf diesem Weg in ganz Deutschland pro Jahr deutlich mehr als 100 Millionen Euro vergeben werden.

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