Stand: 15.12.2011 10:31 Uhr

Familie des Rostocker Nazi-Opfers erhält verspätet Entschädigungszahlungen

Die Familie von Mehmet Turgut, der 2004 in Rostock von Mitgliedern der rechtsextremen Terrorzelle aus Zwickau ermordet wurde, ist auch mehrere Wochen nach Aufklärung der Tat nicht von den deutschen Behörden kontaktiert worden. Das ergaben Recherchen des NDR Fernsehens. Erst nachdem Reporter der Sendung "Menschen und Schlagzeilen" zu den Angehörigen des Mordopfers nach Ost-Anatolien in die Türkei gereist waren und deren Adressen an das Bundesjustizministerium weitergegeben hatten, leitete die zuständige Stelle die vorgesehenen Entschädigungszahlungen in die Wege. Das Ministerium dankte den NDR-Journalisten ausdrücklich für ihre Hilfestellung und "ihr Engagement in der Türkei".

Warum deutsche Beamte die Adressen nicht selbst in der Türkei recherchiert haben, bleibt unklar. Dabei ist der Heimatort von Mehmet Turgut den Ermittlungsbehörden offenbar seit 2004 bekannt: Damals sollen kurz nach dem Mord deutsche Polizisten gemeinsam mit türkischen Kollegen in die Provinz Elazig gereist sein, um dort Angehörige und Bekannte zur Tat zu befragen. Das berichteten mehrere Mitglieder der Familie Turgut in der Sendung "Menschen und Schlagzeilen" im NDR Fernsehen. Immer wieder seien sie dabei von den Beamten mit dem Verdacht konfrontiert worden, dass die Familie in einen Fall von Blutrache verwickelt sei. Sehr massiv hätten die Polizisten behauptet, dass man doch Feinde habe - die hätten Mehmet umgebracht.

Der Besuch der Ermittler hatte für Familie Turgut nach eigener Aussage gravierende Folgen. Die Familien-Mitglieder lebten seitdem in der Angst, dass sie im Visier von Verbrechern stehen. Und sie lebten mehr als sieben Jahre mit der quälenden Ungewissheit: Wer hat Mehmet umgebracht? Umso enttäuschter sind die Angehörigen, dass zunächst keine deutsche Behörde mit ihnen Kontakt aufgenommen habe. "Niemand aus Deutschland hat sich bisher um uns gekümmert", sagte Hanifi Turgut, der Vater des Ermordeten, den Reportern des NDR. Auch dass ihnen von Seiten der Bundesregierung eine Entschädigung zusteht, war ihnen nicht mitgeteilt worden.

Bereits am Montag, 12. Dezember, hatten die Autoren der ARD-Dokumentation "Acht Türken, ein Grieche und eine Polizistin" berichtet, dass es sich bei dem fünften Opfer des Mordserie in Wirklichkeit gar nicht wie bisher offiziell verkündet um Yunus Turgut handelt, sondern um dessen Bruder Mehmet Turgut.

Informationen zur Sendung finden Sie im Internet unter NDR.de/menschenundschlagzeilen

15. Dezember 2011/IB

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