Stand: 08.08.2011 15:25 Uhr

"Von Meisterhand - Traditionsberufe suchen Nachwuchs": medienübergreifendes NDR Projekt

In Zeiten von "höher, schneller, weiter", sehnen sich immer mehr Menschen nach Bodenständigkeit und Nachhaltigkeit. Das spiegelt sich auch in der Renaissance alter Berufe und des traditionellen Handwerks wider - Berufe jenseits der IT-Branche, des Marketings und des Managements. Mit dem trimedialen Projekt "Von Meisterhand - Traditionsberufe suchen Nachwuchs" wollen N-JOY, das junge Radioprogramm des NDR, N-JOY XTRA und das NDR Fernsehen dazu beitragen, das besondere Können von norddeutschen Handwerksmeistern zu erhalten. Gesucht werden Nachfolger für drei seltene Berufe im Norden: Es geht um einen Stellmacher, einen Reetdachdecker und eine Bootsbauerin.

Eine Meisterin und zwei Meister aus diesen Traditionsberufen nehmen Nachwuchs auf. Pro Betrieb wird ein Praktikant oder eine Praktikantin gesucht. Die Kandidaten müssen sich für einen Zeitraum von drei Monaten beweisen und zeigen, dass sie das Talent und die Leidenschaft für das Handwerk haben. Ob die Bewerber direkt von der Schule kommen oder nach einer Berufskarriere noch einmal neu durchstarten wollen, jeder kann mitmachen. Start der Aktion ist Dienstag, 9. August, bei N-JOY und N-JOY XTRA. Drei Wochen lang können sich Interessierte auf der Facebook-Seite für eine Praktikumstelle bewerben.

Der NDR begleitet die Meister und Praktikanten während der drei Monate in Radio und Internet sowie mit der Fernsehkamera: vom Bewerbungsaufruf über den ersten Arbeitstag bis hin zu den ersten Erfolgserlebnissen oder auch Rückschlägen. "Von Meisterhand" ist ein medienübergreifendes Event, das am Ende des Jahres in drei TV-Dokumentationen zusammengefasst wird. Zum Schluss der Praktikumszeit bleibt die spannende Frage offen: Passt der Praktikant ins Team und erhält er die Ausbildungsstelle? Die Zuschauerinnen und Zuschauer erleben die Nachwuchskräfte und die Meister bei der Arbeit und beim gemeinsamen Anpacken verschiedenster Projekte. Sie erfahren etwas über die Beweggründe, sich für diesen Beruf und Lebensweg zu entscheiden, und sind bei allen Höhen und Tiefen dabei.

Die Meister

Stellmacher Theo Malchus, 51 Jahre
Die Leidenschaft des 51-jährigen Theo Malchus aus Braunschweig ist die Stellmacherei. Er ist "der letzte seiner Art", denn den Beruf des Stellmachers gibt es seit 1965 nicht mehr. Sein Alltag ist abwechslungsreich und vielseitig, sein Baumaterial ist das Holz. So baut Meister Malchus römische Streitwagen für ein Winzerfest nach, oder macht aufwendige Karosseriearbeiten für Oldtimer- und LKW-Fans. In feinster Handarbeit zimmert er Kajaks - wenn die Zeit da ist auch gerne für seinen eigenen Bedarf, da er leidenschaftlicher Kajakfahrer ist. Regelmäßig besucht er seinen Freund und Altmeister Walter im Nachbarort. Von dem rüstigen 85-Jährigen hat er viel gelernt. Gemeinsam bringen sie ein marodes Kutschrad von 1700 wieder in Schuss und fachsimpeln über ihren Beruf. Alte Dinge zu restaurieren sei das Erfüllendste überhaupt, sagt Theo Malchus, der sich gerne auf seinen Oldtimer- Motorrädern den Wind um die Ohren wehen lässt. Die Maschinen hat er mit viel Liebe zum Detail wieder fit gemacht hat. Der 51-jährige Stellmacher sucht jemanden, der seinen Betrieb irgendwann übernehmen möchte - noch allerdings denkt er jedoch nicht ans Aufhören.

Reetdachdecker Christoph Behrens, 47 Jahre
Reetdachdecker Christoph Behrens aus dem niedersächsischen Gnarrenburg ist einer der wenigen "reinen" Reetdachdecker. Der 47-Jährige verarbeitet nicht nur Reet, sondern baut es selber an. Damit ist er der Vorreiter in Deutschland. Behrens hat keine Scheu davor, sich schmutzig zu machen: Er reißt alte Reetdächer ab, deckt sie in mühevoller Handarbeit gemeinsam mit seinem Team wieder ein, er erntet und lagert Reet und fährt regelmäßig zu seinen eigenen Anbauflächen ins Moor, um das Wachstum des Reets zu kontrollieren. Der Meister ist somit nicht nur auf dem Dach zu finden, sondern auch im feuchten Moor, wo er eigenhändig Boden und Wurzeln kontrolliert oder auf seinem selbst gebauten Gefährt die Flächen umgräbt. Er ist mit Leib und Seele Reetdachdecker. Ein Nachfolger aus der eigenen Familie ist für seinen Betrieb nicht in Sicht. Christoph Behrens will nicht, dass dieses Handwerk ausstirbt, und sucht deshalb einen Nachfolger.

Bootsbauerin Kirsten Dubs, 43 Jahre
Die Dritte im Bunde ist eine Meisterin, Kirsten Dubs aus Freest bei Greifswald. Sie will traditionelle Handwerkstechniken am Leben erhalten, das hat sich die Handwerksmeisterin im Boots- und Schiffbau zur Aufgabe gemacht. Als die 120 Jahre alte Freester Bootswerft, in der sie arbeitete, dichtgemacht werden sollte, traf sie eine mutige Entscheidung: Sie kaufte die Werft auf. Die Fortführung einer Tradition: für sie eine Herzensangelegenheit. Die 43-Jährige alleinerziehende Mutter liebt das Arbeiten mit Holz. In ihrer Werfthalle baut sie Holzboote neu, restauriert auf traditionelle Weise und bietet zusätzlich Kurse an, um die Handwerkstechniken weiterzugeben. Die gebürtige Bremerin hatte zunächst mit hartem Gegenwind zu kämpfen: Eine Frau soll die Traditionswerft übernehmen und dann auch noch aus dem Westen? Doch mittlerweile genießt sie die volle Anerkennung der alteingesessenen Fischer und Dorfbewohner. Die Meisterin durchquerte bereits als Schiffszimmerer und Matrose die Weltmeere und segelt noch heute gerne. Kirsten Dubs sucht Nachwuchs für dieses traditionelle Handwerk, gerne auch weiblichen, da es davon in der Branche viel zu wenige gibt.


8. August 2011/ RP

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