Stand: 31.03.2011 09:16 Uhr

Hamburger Datenschutzbeauftragter erstattet Strafanzeige gegen ECE-Gruppe

Die Hamburger Firma ECE hat nach Informationen des Radioprogramms NDR Info offenbar unerlaubt und auf Verdacht Kundenanrufe in Einkaufszentren aufgezeichnet und gespeichert. Der Datenschutzbeauftragte des Landes Hamburg, Johannes Caspar, hat inzwischen Strafanzeige gegen Verantwortliche der Hamburger Firma ECE eingereicht. Den NDR Info-Recherchen zufolge wurden die Anrufer nicht über die Mitschnitte informiert. Nach Angaben von Caspar ist dies ein Gesetzesverstoß. In § 201 StGB ist die Vertraulichkeit des nichtöffentlich gesprochenen Wortes geregelt. "Diese war hier nicht gegeben", so Caspar. Jeder Anrufer habe Persönlichkeitsrechte, die geschützt werden müssten. Die Hamburger Firma ECE, die in Deutschland 93 Shoppingcenter betreibt und zum Besitz der Otto-Familie gehört, hat die Praxis nach Bekanntwerden eigenen Angaben zufolge abgestellt. Die Staatsanwaltschaft Hamburg hat ein Ermittlungsverfahren eingeleitet, bestätigte Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers NDR Info.

Datenschützer hatten durch Zufall entdeckt, dass in einem sächsischen Einkaufszentrum der ECE Gruppe Gespräche mitgeschnitten und aufgezeichnet wurden. Zuvor hatte Hamburgs Datenschutzbeauftragte Caspar mehrere Bundesländer beauftragt, Videoüberwachung in ausgewählten Zentren zu untersuchen. Dabei fiel in einem ECE-Center in Sachsen der offenbar verbotene Umgang mit Anrufen auf. Bei einer Überprüfung in Hamburg kamen Datenschützer in zwei ECE-Centern zum gleichen Ergebnis. Als zuständiger Datenschutzbeauftragter reichte Caspar Strafanzeige ein. ECE teilte mit, dass die Anrufe ohne bewusste Entscheidung aufgezeichnet wurden. In einigen Centern wurden alle Kundengespräche automatisch mitgeschnitten und gespeichert, um Drohanrufern auf die Spur zu kommen, indem die Nummern zurückverfolgt werden sollten, sagte ECE-Sprecher Christian Stamerjohanns. "Dabei ist man in einigen Centern über das eigentliche Ziel technisch hinausgeschossen, dafür entschuldigen wir uns ausdrücklich."

Vor sechs Wochen hatte NDR Info über die unerlaubte Videoüberwachung in Einkaufszentren der ECE Gruppe berichtet. Diese großflächige Kameraüberwachung ist nach Meinung der Datenschutzbehörde rechtswidrig. In Absprache mit der Hamburger Behörde hatten Datenschützer in mehreren Bundesländern ECE-Einkaufszentren unter die Lupe genommen und zahlreiche Kameras beanstandet. Datenschützer Caspar hatte daraufhin angeordnet, zum Beispiel im Hamburger Alstertal-Einkaufszentrum 24 der 75 Kameras zu entfernen. ECE weigerte sich, dem nachzukommen und verwies auf das Sicherheitsbedürfnis der Kunden. Den Widerspruch von ECE gegen die Anordnung der Behörde will Johannes Caspar in Kürze zurückweisen. Vermutlich wird dann ein Gericht über die flächendeckende Kameraüberwachung entscheiden. Ein Urteil hätte deutschlandweite Signalwirkung.


31. März 2011 / RC

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