Stand: 15.12.2010 16:06 Uhr

Ministerin Grotelüschen verantwortete Dumpinglöhne als Personalbeauftragte

Neue Vorwürfe gegen Astrid Grotelüschen (CDU): Nach Recherchen des NDR Magazins "Menschen und Schlagzeilen" hat Niedersachsens Landwirtschaftsministerin als Prokuristin in einem Schlachtbetrieb in Neubrandenburg Dumpinglöhne und fragwürdige Arbeitsbedingungen mitverantwortet. Ähnlich lautende Vorwürfe zu einem Schlachtbetrieb in Wildeshausen, an dem die Familie der Ministerin beteiligt ist, hatte Grotelüschen in den vergangenen Tagen mit dem Hinweis zurückgewiesen, in dem betreffenden Betrieb nicht gearbeitet zu haben.

Die neuen Vorwürfe richten sich gegen die "Fitkost Geflügelverarbeitungs- und Vertriebsgesellschaft mbH". In dem Neubrandenburger Betrieb war Niedersachsens Landwirtschaftsministerin über 15 Jahre als Prokuristin tätig und dort nach eigenen Angaben für das Personal zuständig. Mehrere Mitarbeiter, die über einen längeren Zeitraum bei Fitkost beschäftigt waren, berichten "Menschen und Schlagzeilen" über Billiglöhne und Arbeitszeiten von in der Regel 12 bis 13 Stunden pro Tag. Dennoch habe der monatliche Verdienst teilweise nur maximal 680 Euro betragen. Für bestimmte Arbeiten in der Schlachtung und Zerlegung sei ein Akkordlohn pro Tier bezahlt worden, der für aufwendige Tätigkeiten jedoch extrem ungünstig ausfiel. So kamen die ehemaligen Mitarbeiter beispielsweise beim Schlachten schwerer Puter regelmäßig auf nur 90 Cent realen Stundenlohn. Dieser Niedriglohn wurde zwar durch andere, besser bezahlte Tätigkeiten aufgebessert. Dennoch habe der auf den Monat umgerechnete reale Stundenlohn regelmäßig nur 3,50 Euro betragen. "Das war pure Sklaverei. Es war ein Horror morgens aufzustehen und zu wissen: Da muss ich hin. Es war ein einziges Verheizen von Leuten", sagte ein ehemaliger Arbeiter dem NDR.

Die Mitarbeiter berichten außerdem von "extremem Druck" in dem Schlachthof. Die Anzahl der täglich zu zerlegenden Puten sei von 6500 auf 9500 pro Tag gesteigert worden. Durch die schwere Arbeit hätten die Beschäftigen massive Gesundheitseinschränkungen erlitten, beispielsweise an den Handgelenken. "Man hatte keine Rechte im Betrieb", so ein ehemaliger Angestellter. "Wenn man etwas wollte, hieß es: Vor dem Tor stehen genug Leute. Also hat man seinen Mund gehalten."

Die "Fitkost Geflügelverarbeitungs- und Vertriebsgesellschaft mbH" schlachtete und zerlegte Geflügel. Das Unternehmen wurde in diesem Sommer geschlossen, die Produktion unter anderem Namen in einen Betrieb in Wildeshausen verlegt. An "Fitkost" war Grotelüschens Familienbetrieb, die Mastputenbrüterei Ahlhorn, mit 50 Prozent beteiligt. Von 1995 bis kurz vor ihrem Amtsantritt als Landwirtschaftsministerin im Frühjahr 2010 hatte Astrid Grotelüschen in dem Unternehmen Einzelprokura für alle betrieblichen Funktionen.

Auf Anfrage des NDR wollte sich Astrid Grotelüschen nicht zu den neuen Vorwürfen äußern.

15. Dezember 2010/IB

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