Stand: 22.09.2010 14:41 Uhr

Kieler in Syrien verschleppt - Auswärtiges Amt in der Kritik

Nach Informationen des NDR Magazins "Menschen und Schlagzeilen" ist ein Kieler Jurist vor einem Monat in Syrien von der Geheimpolizei verschleppt worden. Ismail Abdi, ein Deutscher syrischer Abstammung, ist seitdem verschwunden. Der 50-Jährige war am 23. August kurz vor der Ausreise am Flughafen Aleppo ohne Angabe von Gründen vor den Augen seiner Familie von syrischen Geheimpolizisten festgenommen worden. Abdi hatte zusammen mit Verwandten in Syrien seine im Sterben liegende Mutter besucht. Die Familie ist in großer Sorge, von Abdi fehlt jedes Lebenszeichen. Menschenrechtsorganisationen und Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen im Bundestag, erheben bei "Menschen und Schlagzeilen" (Sendung: Mittwoch, 22. September, 21.00 Uhr, NDR Fernsehen) schwere Vorwürfe gegen die deutsche Behörden: Das Auswärtige Amt in Berlin unternehme zu wenig, um Ismail Abdi freizubekommen, obwohl dieser über einen deutschen Pass verfügt.

Ismail Abdi setzt sich seit Jahren für Menschenrechte und Demokratie in Syrien ein. Vor Monaten veröffentlichte er im Internet eine Liste mit Namen von Verschwundenen und gefolterten Menschen in Syrien. Seine Familie vermutet, dass das ein Grund für die Festnahme sein könnte: "Er wurde einfach mitgenommen. Wir konnten uns nicht einmal von ihm verabschieden", sagt seine 20-jährige Tochter Farah. "Wir wissen, dass dort in den Gefängnissen nicht menschlich mit den Leuten umgegangen wird. Das lässt unsere Angst und Ungewissheit noch viel größer werden." Auch die medizinische Versorgung bereitet der Familie Sorge: Abdi ist schwerer Asthmatiker, seine Medikamente sind inzwischen aufgebraucht. Martin Link, Geschäftsführer des Flüchtlingsrates Schleswig-Holstein, fürchtet, dass Abdi in Syrien gefoltert werde. Immer wieder würden Menschen, die sich wie Ismail Abdi kritisch über das Regime in Syrien geäußert haben, plötzlich verschwinden. "Ismail Abdi ist der Gefahr von Folter ausgesetzt, von langjähriger Inhaftierung. Es ist wahrscheinlich, dass ihm kein Prozess gemacht wird, er kein faires Verfahren bekommt - es kann sein, dass er für immer verschwindet, wenn sich niemand für ihn einsetzt."

In ihrer Verzweiflung hat sich die Familie in einem Brief an Bundeskanzlerin Angela Merkel und das Auswärtige Amt in Berlin gewandt, mit der Bitte, sich für die Freilassung des Vaters einzusetzen. Auf Nachfrage von "Menschen und Schlagzeilen" teilte das Auswärtige Amt mit, dass man Kontakt mit den Behörden in Syrien aufgenommen habe, aber nicht wisse, wo sich Ismail Abdi befindet. Auch Außenminister Guido Westerwelle wisse von dem Fall. Volker Beck, Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen im Bundestag, fordert das Auswärtige Amt auf, mehr Druck auf Syrien auszuüben: "Es gibt zahlreiche, internationale Begegnungen auch zwischen Deutschland und Syrien. In diesem Rahmen müsste der Fall Abdi in höchstem Rahmen angesprochen werden, weil er ein Staatsbürger unseres Landes ist. Unabhängig davon, ob er den syrischen Pass noch hat oder nicht, muss sich die Bundesregierung darum kümmern, dass Herr Abdi frei kommt und zu seiner Familie in seine Heimat zurückkehren kann: in die Bundesrepublik Deutschland."


Informationen zur Sendung finden Sie auch unter www.ndr.de/menschenundschlagzeilen

22. September 2010/IB

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