Stand: 14.04.2010 16:19 Uhr

"Menschen und Schlagzeilen": Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mitarbeiter des Amtsgerichts Aurich

Die Insolvenz des ostfriesischen Bauunternehmens Bohlen & Doyen Bau und Service GmbH aus dem Jahr 2007 zieht weitere Kreise. Nach Recherchen des NDR Magazins "Menschen und Schlagzeilen" hat die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen einen Mitarbeiter des Amtsgerichts Aurich erweitert. Mittlerweile ermittelt die Zentralstelle für Korruptionsstraftaten in Osnabrück gegen den Rechtspfleger wegen Korruptionsverdachts. Die Staatsanwaltschaft in Aurich hatte bereits Anfang März Untersuchungen wegen des Verdachts der Rechtsbeugung gegen den Beamten eingeleitet.

Der Rechtspfleger am Amtsgericht Aurich hatte dem vorläufigen Insolvenzverwalter im Fall "Bohlen & Doyen", Uwe Kuhmann, eine Vergütung von 14,5 Millionen Euro genehmigt. Nach Recherchen von "Menschen und Schlagzeilen" hätte das Gericht diese außergewöhnlich hohe Summe nicht bewilligen dürfen. In einem Gutachten kommt der Remagener Insolvenzrechtler Prof. Hans Haarmeyer zu dem Ergebnis, dass der Vergütungsantrag von Kuhmann "rechtswidrig, irreführend und in sich widersprüchlich" sei.

Das Amtsgericht Aurich hatte die Vergütung offenbar ohne tiefergehende Kontrollen genehmigt. "Bei einer so außergewöhnlichen Entscheidung kann man Korruption oder Vorteilsnahme nicht ausschließen", sagte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Oldenburg. Deshalb habe man die Ermittlungen an die Korruptionsspezialisten in Osnabrück übergeben. Zudem soll so vermieden werden, dass der Eindruck von Befangenheit entsteht, wenn die Staatsanwaltschaft Aurich gegen das Amtsgericht Aurich vorgeht. Sollte sich der Korruptionsverdacht erhärten, werden die Ermittlungen vermutlich gegen weitere Personen ausgeweitet.

Nach der Insolvenz des Wiesmoorer Unternehmens Bohlen & Doyen Bau und Service GmbH im Jahr 2007 war der eingesetzte Bremer Insolvenzverwalter Uwe Kuhmann in die Kritik geraten. Für seine knapp dreimonatige Tätigkeit hatte er rund 14,5 Millionen Euro als Vergütung veranschlagt. Den sechs Mitgliedern des Gläubigerausschusses, darunter der ehemalige Betriebsrat des Unternehmens, wurden jeweils mehr als 400.000 Euro gezahlt. Insolvenzrechts-Experten bezweifeln, dass diese Summen gerechtfertigt sind. Laut Prof. Haarmeyer handelt es sich dabei um die höchsten Beträge, die jemals an einen Gläubigerausschuss gezahlt worden sind.

Das NDR Fernsehen hatte in seiner Sendung "Menschen und Schlagzeilen" am 24. März 2010 ausführlich über den Insolvenzskandal berichtet.

Frei zur Veröffentlichung bei Quellennennung: "Menschen und Schlagzeilen" im NDR Fernsehen

Weitere Informationen zur Sendung finden Sie unter www.ndr.de/menschenundschlagzeilen


14. April 2010/RP

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