Stand: 23.03.2010 15:03 Uhr

"Zapp": Fahndung nach "Kochsklaven" mit Hilfe chinesischer Handelszeitung

Sendetermin: Mittwoch, 24. März, 23.05 Uhr, NDR Fernsehen

In vielen Chinarestaurants in Deutschland arbeiten chinesische Spezialitätenköche. In ihrer Heimat mit der Aussicht auf hohe Löhne angeworben, erleben manche von ihnen in Deutschland die Hölle auf Erden: prügelnde Arbeitgeber, menschenunwürdige Unterbringung, endlose Arbeitstage, miese Bezahlung. Manchen der sogenannten "Kochsklaven" erscheint nur noch die Flucht als letzte Rettung aus diesem Teufelskreis. Doch selbst dann kommen die Entflohenen in Deutschland nicht zur Ruhe. Nach Recherchen des NDR Medienmagazins "Zapp" erscheinen in chinesischsprachigen Zeitungen in Deutschland Annoncen, in denen die mit Porträt-Fotos abgebildeten Köche dringend aufgefordert werden, zu ihrem alten Arbeitgeber zurückzukehren. So werden die Entflohenen in der chinesischen Gemeinde offenbar gezielt unter Druck gesetzt. Andernfalls drohe ihnen möglichweise sogar die Abschiebung, heißt es in den Annoncen. Anderen Restaurants werden Schadensersatzforderungen angekündigt, falls sie die Flüchtlinge weiterbeschäftigen.

Eine der Zeitungen, die solche Annoncen geschaltet hat, ist nach Recherchen von "Zapp" die Hua Shang Bao, die "Chinesische Handelszeitung" aus Frankfurt am Main. Sie liegt in China-Restaurants und Asia-Supermärkten aus, finanziert sich u. a. über Annoncen von chinesischen Unternehmern, die in Deutschland ihren Geschäften nachgehen, und erscheint ausschließlich in chinesischer Sprache. Letzteres dürfte ein Grund dafür sein, dass diese Praxis bislang nicht auffiel.

Ein deutscher Anwalt, der die geflohenen Köche gegen ihre ehemaligen Arbeitgeber vertritt, wird nach eigenen Angaben ebenfalls regelmäßig in der Zeitung beschrieben: "Sinngemäß taucht in jedem Artikel auf, ich würde die Köche angeblich zu Strafverfahren gegen den früheren Arbeitgeber aufstacheln, um mich selber zu bereichern", so der Genthiner Anwalt Bernhard Welke.

Presserechtler sehen insbesondere die Verwendung von Porträt-Fotos der untergetauchten Köche in den "Fahndungsannoncen" sehr kritisch: "Hier haben wir es mit der Verletzung des Rechts am eigenen Bild zu tun, denn ein Unbekannter wird hier bildveröffentlicht, ohne dass er sein vorheriges Einverständnis gegeben hat", so Prof. Reinhart Rickert aus Kronberg im Taunus.

Frei zur Veröffentlichung bei Quellennennung: Medienmagazin "Zapp" im NDR Fernsehen

Weitere Informationen zur Sendung finden Sie unter www.ndr.de/zapp.

23. März 2010/IB

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