Stand: 10.02.2010 14:02 Uhr

"Menschen und Schlagzeilen" zur Situation in Kinder- und Jugendhilfe: Hamburger Sozialarbeiter schlagen Alarm

Knapp ein Jahr nach dem Tod der kleinen Lara in Hamburg-Wilhelmsburg schlagen Mitarbeiterinnen des Allgemeinen Sozialen Dienstes (ASD) Alarm. Unter den Sozialarbeitern sei die Angst vor einem neuen Fall groß. Die Verantwortlichen hätten längst noch nicht alles getan, um das Risiko einer ähnlichen Tragödie zu minimieren. Die Arbeitsbelastung sei in vielen Bereichen immer noch unverantwortlich hoch. Über diese Vorwürfe berichtet die Sendung "Menschen und Schlagzeilen" heute im NDR Fernsehen (Sendetermin: Mittwoch, 10. Februar, 21.15 Uhr).

Gegenüber "Menschen und Schlagzeilen" sagten zwei Sozialarbeiterinnen, die sich in ihrer Funktion als ver.di-Mitglieder äußern, dass manche Kollegen weit über einhundert Fälle zu betreuen hätten. "Das ist unzumutbar. Wir haben Fälle, die dadurch bis zu neun Monate in der Warteschleife bleiben." Die 30 neuen Stellen im ASD, die Anfang 2009 geschaffen wurden, hätten kaum eine Entlastung gebracht, da gleichzeitig auch die Zahl der zu betreuenden Familien gestiegen sei. "Man hat manchmal das Gefühl, dass man in der Arbeit ertrinkt. Hausbesuche etwa finden nur noch statt, wenn es zwingend notwendig ist."

Auch der Hamburger Rechnungshof kritisiert in seinem aktuellen Jahresbericht die Situation in der Jugendhilfe. Es fehle immer noch an einem Personalbemessungssystem, mit dem der tatsächliche Bedarf an Mitarbeitern geklärt werden könnte. Über ein solches System wird in Hamburg bereits seit 2006 diskutiert. Darüber hinaus mangele es an Transparenz und verbindlichen Vorgaben für die Betreuung von Familien.

Sozialsenator Dietrich Wersich (CDU) betonte gegenüber "Menschen und Schlagzeilen", dass man die richtigen Maßnahmen eingeleitet habe. Das System der Kinder- und Jugendhilfe sei auf verschiedenen Ebenen verbessert worden. "Wir werden auf problematische Familien früher aufmerksam und können diesen Familien auch helfen. Dennoch kann es immer individuelle Fallkonstellationen geben, wo die Hilfe nicht wirkt, und damit müssen auch die professionellen Helfer leben, dass eine Hilfe am Ende wirkungslos bleiben kann."

Der Fall der kleinen Lara aus Hamburg-Wilhelmsburg hatte im März vergangenen Jahres für Bestürzung gesorgt. Das Baby und ihre Mutter standen unter der Betreuung des Jugendamtes. Als Lara im Alter von neun Monaten starb, war sie stark unterernährt und wog nur noch 4,8 Kilogramm. Bis heute ist nicht endgültig geklärt, warum das Kleinkind sterben musste. Wahrscheinlich im Laufe des Frühjahrs müssen sich die Mutter von Lara und deren Freund, sowie die zuständige Betreuerin vor Gericht verantworten.

Zitate frei mit Quellenhinweis "Menschen und Schlagzeilen".


10. Februar 2010/RC

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