Stand: 19.03.2009 15:46 Uhr

Neuer Fall von versuchter Schiedsrichterbestechung im Handball

Zitate aus der Meldung frei bei Nennung "NDR Info"

Erneut hat ein deutscher Handballschiedsrichter über einen Bestechungsversuch in einem Europapokalspiel berichtet und dabei den europäischen Handballverband EHF schwer belastet. Jürgen Rieber, der seit Jahren zusammen mit seinem Kollegen Holger Fleisch auf europäischer Ebene eingesetzt wird, sagte auf NDR Info, am Vorabend eines Champions-League-Spiels der Damen sei seinem Kollegen auf der Toilette ein Zettel gereicht worden, auf dem gestanden habe: "Wir müssen dieses Spiel gewinnen." "Wir haben natürlich beide brüsk abgelehnt", so Rieber. Zunächst sei von 10.000 Dollar Bestechungssumme die Rede gewesen. Am nächsten Morgen sei dieses Angebot auf 20.000 Dollar erhöht worden. Bei der Partie im Januar 2006 standen sich der russische Club Lada Togliatti und der dänische Verein Slagelse DT gegenüber.

Die beiden deutschen Schiedsrichter haben nach Angaben Riebers nach Rücksprache mit dem Schiedsrichterwart des DHB, Peter Rauchfuß, den Bestechungsversuch noch vor dem Spiel beim anwesenden EHF-Delegierten angezeigt. Aus Deutschland hätten sie später "einen ausführlichen schriftlichen Bericht an die EHF gesandt". Eine Reaktion der EHF sei ausgeblieben. Sein Partner Holger Fleisch und er hätten jedoch "inoffiziell eine Quittung bekommen, dass wir ungefähr ein halbes Jahr international nicht mehr angesetzt wurden", so Rieber auf NDR Info. "Die Sache kam uns sehr, sehr komisch vor. Aber wir haben dann den Vorfall auf sich beruhen lassen, weil wir beide uns nichts vorzuwerfen hatten."

DHB-Schiedsrichterwart Peter Rauchfuß bestätigte diesen Vorfall auf NDR Info. Der Bestechungsversuch sei von einem Betreuer des russischen Clubs vorgenommen worden. Die beiden deutschen Schiedsrichter jedoch hätten sich "äußerst korrekt" verhalten. Rauchfuß zeigte sich enttäuscht vom europäischen Handballverband EHF. Weder der deutsche Handballverband DHB noch die Schiedsrichter hätten eine Reaktion von der EHF bekommen: "Man verniedlicht das, aber die Situation ist nicht zu verniedlichen."

EHF-Wettbewerbsmanager Markus Glaser sagte auf NDR Info, dass sein Verband diesen Vorfall untersuche. Der Eindruck, dass die EHF nicht an einer Klärung interessiert sei, könne entstehen, "weil diese Fälle weit zurückliegen und erst jetzt auf den Tisch kommen".


19. März 2009 / JS

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