Stand: 08.01.2014 09:51 Uhr

Deutsche Forschungsinstitute arbeiten im Auftrag zahlreicher Verteidigungsministerien

Deutsche Forschungseinrichtungen haben in den vergangenen Jahren Gelder in größerem Umfang und von deutlich mehr ausländischen Verteidigungsministerien erhalten als bislang bekannt. Wie aus einer dem NDR und der Süddeutschen Zeitung vorliegenden Antwort des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion "Die Linke" hervorgeht, sind seit dem Jahr 1998 umgerechnet weitere 11,5 Millionen Dollar aus den Verteidigungsetats der USA, Australiens, Großbritanniens, Südkoreas, der Schweiz und Singapurs an deutsche Forschungsinstitute geflossen.

So zahlte die australische Militärforschungsorganisation DSTO rund 3,8 Millionen Dollar an die Wissenschaftler des Instituts für Raumflugbetrieb und Astronautentraining am Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Oberpfaffenhofen für ihre Mitarbeit an einem Hyperschall-Jet. Wissenschaftler des Instituts für Luft- und Raumfahrtmedizin am DLR bezogen mehr als eine halbe Million Dollar der Schweizer Luftwaffe für ihr Mitwirken an einem Programm für Fallschirmjäger- und Piloten-Anwärter.

Das Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart erhielt 240.000 Dollar dafür, dass es im Auftrag des US-Verteidigungsministeriums an künstlichen Muskeln forschte. Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) konnte nach BMBF-Angaben vom Pentagon seit 2003 mehrere Aufträge in einem Gesamtvolumen von fast einer Million Dollar gewinnen. Bisher bestätigte das KIT lediglich ein mit US-Geldern finanziertes Vorhaben.

NDR und SZ hatten erstmals im November im Rahmen des gemeinsamen Rechercheprojekts "Geheimer Krieg" darüber berichtet, dass deutsche Hochschulen und Forschungseinrichtungen mit finanzieller Unterstützung des US-Verteidigungsministeriums arbeiten. Durch die Auswertung einer amerikanischen Datenbank wurden Verträge im Wert von zunächst zehn Millionen Dollar nachgewiesen.
Oppositionspolitiker reagieren auf die neuen Erkenntnisse empört. Die bildungspolitische Sprecherin der Linken, Nicole Gohlke, bezeichnete es als nicht akzeptabel, "wenn sich öffentliche Einrichtungen - vollkommen an der Öffentlichkeit und jeglicher Diskussion vorbei - an gesellschaftlich umstrittenen Projekten wie militärischer Forschung beteiligen". Kai Gehring, hochschulpolitischer Experte der Grünen-Bundestagsfraktion, sagte: "Die neuen Erkenntnisse zu Kooperationen deutscher Forschungseinrichtungen mit ausländischen Verteidigungsministerien bestätigen unsere Forderung nach mehr Transparenz in der Wissenschaft."

Bundesregierung und Landesregierungen müssten dafür sorgen, dass vertragliche Eckdaten der Drittmittelforschung offengelegt würden. Das BMBF sieht in diesem Bereich offensichtlich keinen Handlungsbedarf. "Es existieren schon jetzt verschiedene Instrumente, die Transparenz herstellen und es der Öffentlichkeit ermöglichen, sich einen Überblick über die Finanzierungsquellen von Wissenschaft und Forschung zu verschaffen", erklärte das Ministerium.


8. Januar 2013/RP

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