Stand: 27.03.2013 15:53 Uhr

Leiter des Jugendamtes Hamburg-Mitte zu Pflegekind Jeremie: "Keine Garantie, dass das auf Dauer gutgeht"

Ende November hatte die Flucht des elfjährigen Pflegekinds Jeremie für Schlagzeilen gesorgt: Der Junge war aus einem Wanderzirkus in Mecklenburg-Vorpommern weggelaufen, in dem ihn das Jugendamt Hamburg-Mitte untergebracht hatte. Heute lebt Jeremie in einer betreuten Jugendwohngruppe in Hamburg. Im "Hamburg Journal" im NDR Fernsehen äußert sich der Leiter des Jugendamtes Hamburg-Mitte, Peter Marquard, am 27. März exklusiv zum derzeitigen Stand:

"Er ist nicht geschlossen untergebracht. Er geht auch allein zur Schule. Also natürlich kann er da auch mal Unsinn machen, kann er da auch mal entweichen. Und deshalb haben wir keine Garantie, dass das auf Dauer gutgeht."

Nach seiner Flucht blieb Jeremie mehr als drei Wochen lang verschwunden. Wo hielt er sich damals versteckt? Peter Marquard: "Das wissen wir bis heute nicht. Jeremie hat sich nach meinen Informationen dazu nicht geäußert, was er in den drei Wochen gemacht hat (...). Wir haben alle vermutet, dass es ihm physisch gut geht, dass er sich irgendwo tendenziell wohlbehütet aufhält."

Eine Rückkehr von Jeremie in das Zirkusprojekt hält der Leiter des Jugendamtes für unwahrscheinlich: "Ich denke, durch die öffentliche Debatte ist dieses Projekt für Jeremie schlicht verbrannt." Grundsätzlich hält Hamburg jedoch an dem pädagogischen Konzept fest. Zwölf Hamburger Pflegekinder leben laut Jugendamt nach wie vor in ähnlichen Reiseprojekten.

Peter Marquard: "Die Überprüfung aller Einzelfälle hat in Hamburg zu dem Ergebnis geführt, dass wir kein anderes Kind aus einer solchen Maßnahme herausgenommen haben (...). Es gibt immer wieder Fälle, in denen wir besonderen Wert auf eine sehr individuelle Betreuungsform legen müssen und insofern müssen wir Fachleute die öffentliche Diskussion auch aushalten."

Jeremies Verhalten sei auch in der Wohngruppe teilweise extrem auffällig. Er sei nicht in einem normalen Klassenverband beschulbar. Seit Jahresanfang erhält Jeremie täglich zwei Stunden Einzelunterricht in einem regionalen Bildungszentrum. Das funktioniere bislang gut, so Marquard: "Wir versuchen ihn nach den Ferien in eine kleinere Gruppe zu integrieren und ihm so langsam den Weg - das wird sicherlich einen längeren Zeitraum in Anspruch nehmen - in die Schule wieder zu ebnen."

Eine Rückkehrmöglichkeit von Jeremie in seine Familie sieht das Jugendamt "für die nächste Zukunft" aber nicht. Der Junge dürfe aber seine Großeltern und auch seine in Hamburg lebende leibliche Mutter tagsüber besuchen.


27. März 2013/IB

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