Stand: 31.10.2012 09:55 Uhr

NDR Info: Organspendebereitschaft in Deutschland geht massiv zurück

Die Organspendebereitschaft in Deutschland ist nach Informationen des Nachrichtenprogramms NDR Info noch viel stärker zurückgegangen als befürchtet. Die Deutsche Stiftung Organtransplantation (DSO) sieht inzwischen einen klaren Zusammenhang mit den Transplantationsskandalen in München, Göttingen und Regensburg. Während es sonst in ganz Deutschland mehr als 100 Organspenden pro Monat sind, ist diese Zahl im Oktober auf weniger als 60 gesunken. Der medizinische Vorstand der DSO, Günter Kirste, sagte NDR Info, das Vertrauen in das System sei erschüttert. Diese Erkenntnis hätte die DSO aus Gesprächen mit Angehörigen gewonnen. "Die sagen uns das ganz deutlich, eigentlich wüssten sie, dass der oder die Verstorbene eine Organspende befürwortet hätte. Aber nach dem Bekanntwerden der Skandale sind sie nicht mehr einverstanden."

Zuletzt war bekannt geworden, dass die Zahl der Spender in den vergangenen neun Monaten um knapp acht Prozent zurückgegangen war. Die Ursachen für den jetzt deutlich stärkeren Einbruch in diesem Monat sieht Kirste in den neuen Manipulationsvorwürfen am Klinikum Rechts der Isar in München. "Nach den Ereignissen in Göttingen haben die Menschen vielleicht noch gedacht, naja, das bezieht sich auf einen Mann, der früher in Regensburg, dann in Göttingen gearbeitet hat. Aber dann wurde deutlich: Es sind auch andere Transplantationszentren betroffen, es haben offenbar auch andere Ärzte betrogen. Und das ist das ganz Schlimme", so Kirste.

Am Donnerstag, 1. November, tritt das neue Transplantationsgesetz in Kraft. Es sieht vor, dass Krankenkassen ihre Versicherten regelmäßig informieren und nach ihrer Spendebereitschaft fragen. Die ersten Schreiben werden bereits in dieser Woche bei den Versicherten ankommen. Kirste forderte im Gespräch mit NDR Info, dass die Krankenkassen darin auf die Manipulationsvorwürfe Bezug nehmen. "Man kann jetzt nicht so tun, als wenn nie irgendwas passiert wäre und einfach sagen: Liebe Leute, entscheidet Euch. Sondern man muss ihnen schon Erklärungen liefern zu dem, was passiert ist." Vor allem aber müsse man zeigen können, was man unternommen habe, damit so etwas sich nicht wiederholen könne - denn ein Zusammenhang zwischen dem Rückgang der Spendebereitschaft und den Transplantationsskandalen sei nun offensichtlich. Kirste forderte, dass die Verantwortlichen strenger bestraft und die Vorgänge restlos aufgeklärt werden. "Wenn man solche Konsequenzen zieht, kann man der Verunsicherung entgegenwirken. Wir dürfen das Vertrauen der Menschen nicht verlieren."

31. Oktober 2012/RP

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