Stand: 26.04.2012 01:00 Uhr

NDR Info: Norddeutsche Schulen unzureichend gegen Amokläufe geschützt

Zehn Jahre nach dem Blutbad von Erfurt sind viele Schulen in Norddeutschland nicht ausreichend auf Amokläufe vorbereitet. Das ergab eine Umfrage des Radioprogramms NDR Info bei fast 100 Schulträgern in Hamburg, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Mecklenburg-Vorpommern. Lücken gibt es vor allem bei der Einrichtung von Krisenteams, der technischen Ausstattung der Schulen und bei Notfallplänen. Am schlechtesten schnitt in der Umfrage Niedersachsen ab. Am besten liegen etwa gleichauf Hamburg und Mecklenburg-Vorpommern. Etwa 170 Mal gab es nach Angaben der Innenministerien im vergangenen Jahr Amokalarm an einer Schule in Norddeutschland - nahezu an jedem Schultag also.

Laut der Exklusiv-Umfrage von NDR Info verfügt ein Viertel der mehr als 1800 abgefragten norddeutschen Schulen nicht über Lautsprechersysteme für Notfalldurchsagen. Dagegen sind praktisch alle Klassenräume mit von innen verschließbaren Türen ausgestattet, damit Lehrer und Schüler sich im Ernstfall verbarrikadieren können. Notfallpläne sind in allen vier Bundesländern vorgeschrieben, aber in Niedersachsen nicht flächendeckend vorhanden. Bei der Aufstellung von schuleigenen Krisenteams zur Prävention und schnellen Intervention gibt es große Unterschiede. Durchschnittlich verfügen darüber etwa zwei Drittel der Schulen. Am schlechtesten schnitt hier deutlich Niedersachsen mit weniger als 50% ab.

In Niedersachsen haben 66% der mehr als 1000 abgefragten Schulen ein Lautsprechersystem, 22% spezielle Klingelsignale und 95% abschließbare Türen. Nur 46% der Antwortenden verfügten über Krisenteams, 65% über einen eigentlich vorgeschriebenen Notfallplan. Schlecht schnitten ab: die Stadt Lüchow, der Kreis Lüchow-Dannenberg, der Kreis Uelzen, die Städte Oldenburg, Emden, Salzgitter, Wolfsburg, Westerstede, Meppen, Jever, Leer, Nienburg, Osterode, Stadthagen und Brake. 2011 gab es in Niedersachsen 102 Amokdrohungen.

In Hamburg haben nahezu alle 400 Schulen eine Lautsprecheranlage und abschließbare Türen. Notfallpläne gibt es überall, Krisenteams derzeit in drei Vierteln der Schulen. Im vergangenen Jahr gab es in Hamburg etwa 40 Amokdrohungen.
In Schleswig-Holstein haben alle 220 abgefragten Schulen abschließbare Türen, aber nur 70% auch Lautsprecheranlagen. Notfallpläne gibt es überall, Krisenteams bei 91% der antwortenden Schulen. Schlecht schnitten ab: der Kreis Schleswig-Flensburg, die Stadt Lübeck und die Stadt Heide. 2011 gab es in Schleswig-Holstein 15 Amokdrohungen.
In Mecklenburg-Vorpommern haben 87% der abgefragten 186 Schulen eine Lautsprecheranlage, alle Türen sind von innen verschließbar. Notfallpläne gibt es überall, Krisenteams an 90% der Schulen, die in die Umfrage einbezogen waren. Schlecht schnitten die Städte Güstrow und Stralsund ab. Im vergangenen Jahr gab es in Mecklenburg-Vorpommern 13 Amokdrohungen.

Die Ergebnisse aller befragten Schulträger finden Sie im Internet unter www.ndr.de

25. April 2012/RC

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