Stand: 05.04.2017 15:22 Uhr

"Zapp" Umfrage bei den Ländern zu Presseähnlichkeit und Depublizierung

Sendung: Mittwoch, 5. April, 23.20 Uhr, NDR Fernsehen

ARD, ZDF und Deutschlandradio dürfen damit rechnen, in Zukunft viele Beiträge deutlich länger als bisher auf ihren Internetseiten und in ihren Apps veröffentlichen zu dürfen. Das ist das Ergebnis einer Umfrage des NDR Medienmagazins "Zapp" (Sendung: Mittwoch, 5. April, 23.20 Uhr, NDR Fernsehen) unter den Landesregierungen. "An dem Punkt haben wir eine große Einigkeit", sagte die rheinland-pfälzische Staatssekretärin Heike Raab, die die Rundfunkpolitik der Länder koordiniert, im Interview. Für die sächsische Staatskanzlei sei "von entscheidender Bedeutung" bei den laufenden Verhandlungen "das Verhalten und die Interessen der Nutzer". Die nordrhein-westfälische Landesregierung meldet, sie strebe zumindest "eine Abschaffung der sogenannten 7-Tage-Regelung an". Hessen ist gar "grundsätzlich gegen eine Depublizierungspflicht".

Die Rundfunkkommission will bis zum Herbst einen Entwurf für den nächsten Rundfunkstaatsvertrag vorlegen. Schwerpunkt ist die Überarbeitung des sogenannten Telemedienauftrags für die öffentlich-rechtlichen Sender. Bei der Lockerung der Depublikationspflichten wollen die Länder aber auch die Sender in die Pflicht nehmen: Viele Länder erklären, dass externe Produzenten bei längeren Online-Veröffentlichungen auch entsprechend vergütet werden müssten. Deshalb sollen die Verweildauer-Konzepte vor allem für selbstproduzierte Beiträge und Sendungen gelockert werden.

NDR Justitiar Dr. Michael Kühn forderte im Gespräch mit "Zapp", dass die Spielregeln auch für eingekaufte Serien und Filme freier werden sollten. "Wir werben dafür, dass europäische Lizenzproduktionen für 30 Tage online gestellt werden dürfen", sagte er. Außerdem sollten die öffentlich-rechtlichen Sender Mitschnitte aus Sport-Großveranstaltungen wie Olympischen Spielen oder der Fußball-Bundesliga online länger veröffentlichen dürfen: "Dass wir die Inhalte nach 24 Stunden herunternehmen müssen, während sie auf Plattformen wie YouTube unbegrenzt verfügbar sind, ist nicht mehr zeitgemäß", Kühn.

Beim Streit darüber, wie umfangreich die Textangebote der öffentlich-rechtlichen Sender im Netz sein dürfen, werden die Länder die geltenden Regeln voraussichtlich nicht massiv ändern. "Im Bezug auf die 'Presseähnlichkeit‘ und die 'Sendungsbezogenheit‘ wird sich wahrscheinlich nicht so viel tun - das ist mein Tipp heute", sagte der thüringische Medienstaatssekretär Malte Krückels zu "Zapp".

Über Änderungen des Rundfunkstaatsvertrags müssen die Länder einstimmig entscheiden. Während für die Landesregierung von Mecklenburg-Vorpommern "das Kriterium der 'Presseähnlichkeit‘ von Online-Angeboten nach wie vor eine wichtige und richtige Trennlinie" zu den Angeboten der Verlage bildet, heißt es aus Brandenburg: "Der Begriff der Presseähnlichkeit taugt in einer konvergenten Medienwelt nicht mehr." Die Landesregierung von Schleswig-Holstein sieht das genauso und fordert, die Medienpolitik müsse "weg von einer Regulierung unterschiedlicher Verbreitungswege und hin zu einer Regulierung von Inhalten".

Viele Länder wünschen sich zumindest eine klarere Definition des Begriffes "presseähnliche Angebote". Sie sind den öffentlich-rechtlichen Sendern laut aktuellem Rundfunkstaatsvertrag dann verboten, wenn Einträge keinen Sendungsbezug haben. Koordinatorin Raab zweifelt wiederum daran, dass die aktuellen Trennlinien zwischen Sendern und Verlagen noch lange Bestand haben können. "Wir sehen ja auch im Printbereich, dass Zeitungsverlage audio-visuelle Angebote nutzen", sagte die Staatssekretärin. "In der digitalen Welt verschwimmen die Grenzen."

Dazu äußerte sich auch die ARD-Vorsitzende Prof. Dr. Karola Wille am Rande der ARD-Pressekonferenz am Mittwoch gegenüber "Zapp": "Alle Mediennutzungsanalysen, die Sie im Moment haben - die aktuellste vom Hans-Bredow-Institut - belegen, dass auch Texte gerade bei der mobilen Nutzung gesucht werden, immer natürlich in Kombination mit multimedialen Angeboten. Wir werden keine Zeitung im Netz machen."

"Zapp" dokumentiert die ausführlichen Rückmeldungen der Staatskanzleien, die Interviews mit Staatssekretärin Heike Raab (Rheinland-Pfalz) und Staatssekretär Malte Krückels (Thüringen) sowie NDR Justitiar Dr. Michael Kühn auf ndr.de/zapp

Am Mittwochabend (5. April) folgt zudem das Interview mit der ARD-Vorsitzenden Prof. Dr. Karola Wille. Vertreter des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) wollten sich hingegen nicht in einem Interview äußern.

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