Stand: 23.11.2023 06:00 Uhr

Sekten-Info warnt vor unseriösen Life-Coaches

Der Markt der sogenannten Life-Coaches wächst seit Jahren rasant. Angesichts mangelnder Psychotherapie-Plätze und zunehmender Unsicherheiten suchen Menschen auch verstärkt Hilfe bei privaten Coaching-Anbietern. Jetzt warnt die Sekten-Info NRW davor, dass nicht alle dieser Coaches ausreichend qualifiziert seien: „Das ist eine Entwicklung, die wir hier auch mit Sorge beobachten“, so Uta Bange, psychologische Beraterin und Referentin beim Sekten-Info Nordrhein-Westfalen e.V. gegenüber dem NDR. „Viele Coaches haben gar keine richtige Coaching-Ausbildung und schon gar keine psychologische therapeutische Ausbildung.“ Trotzdem würden sie psychologische Methoden anwenden, bei denen die Hilfesuchenden an ihre Grenzen geführt werden. „Das kann im Einzelfall auch zu einer psychischen Destabilisierung führen. Und dann ist das schon sehr fahrlässig“, sagt Bange.

Auf einen Therapieplatz warten Menschen laut einer Studie der Universität Mainz im Schnitt mehr als fünf Monate. Zur Nachfrage an Coaches gibt es keine verlässlichen Zahlen. Allerdings hat das Interesse nach Life Coaches in diesem Jahr bei den Google-Suchanfragen in Deutschland einen erheblichen Zuwachs verzeichnet. Wie der Konzern auf Anfrage mitteilt, stieg der Wert in den vergangenen fünf Jahren um insgesamt 50 Prozent. Dies verleitet offenbar auch vermehrt unqualifizierte oder gar unseriöse Anbieter.

Mitunter seien bei unseriösen Life Coaches ähnliche Strukturen wie bei Sekten festzustellen, so die Sekten-Info Nordrhein-Westfalen e.V. Im Netz zum Beispiel kursieren Videos von Veranstaltungen mit Tausenden von Menschen, die völlig euphorisiert seien. „Das führt dann wiederum dazu, dass sie Seminare besuchen“, so Uta Bange. Die Psychologin hat beobachtet, dass Life-Coaches ihre Klienten so stark binden können, dass man von einem Abhängigkeitsverhältnis sprechen müsse. „Dann macht man noch mal ein paar Jahre weiter oder investiert noch mehr Geld. Da kann man wirklich sagen das ist wie bei anderen Süchten auch, wie bei Drogen“, so Bange. Kosten für die Seminare würden sich in manchen Fällen auf bis zu 100.000 Euro summieren.

Trotz der starken Veränderungen auf dem ungeregelten Markt gibt es politisch derzeit kein erkennbares Interesse an dem Thema. Initiativen zur Schaffung eines Verbraucherschutzgesetzes, das auch Teilnehmern von Coachingangeboten helfen sollte, scheiterten bereits 2004 im zweiten Anlauf. Bei der Bundesregierung zuständig ist die Dokumentations- und Informationsstelle für "sog. Sekten- und Psychogruppen", die in den vergangenen Jahren drastisch verkleinert wurde. Von ursprünglich fünf Stellen sind heute nach NDR-Informationen nur noch 0,7 Stellen übrig.

Mehr zum Thema bei „Reschke Fernsehen“ heute, Donnerstag, 23. November, ab 23.35 Uhr in Das Erste und in der ARD Mediathek.

23.11.2023

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