Stand: 12.09.2019 16:00 Uhr

NDR exklusiv: Hamburg verschärft Kritik an Online-Casinos in Kiel

Laut Recherchen des NDR hat die Hamburger Glücksspielaufsicht das Innenministerium Schleswig-Holsteins und die Landesmedienanstalt aufgefordert, Werbeverbote für Online-Casinos durchzusetzen. Das geht aus drei Schreiben hervor, die dem NDR vorliegen. In denen heißt es, sofern sich Werbung für illegales Glücksspiel nachweisen lasse, müssten Medienunternehmen mit einer möglichen Strafverfolgung rechnen.

Werbeclips laufen über Landesgrenzen hinaus

In einem der Briefe an das Innenministerium in Kiel heißt es konkret: "Werbeaktivitäten der schleswig-holsteinischen Erlaubnisnehmer haben (…) im Gebiet der Freien und Hansestadt Hamburg zu unterbleiben". Hamburg gehe davon aus, "dass Sie im Rahmen Ihrer Aufsichtstätigkeit dem Territorialprinzip hinreichend Rechnung tragen" und dafür sorgen werden, dass die Werbung in Hamburg "keine Verbreitung finden werden". Hintergrund ist, dass Schleswig-Holstein im Alleingang einigen Anbietern Lizenzen für ihre Online-Casinos erteilt hat. Diese Seiten dürfen aber nur Spieler aus Schleswig-Holstein bedienen. In anderen Bundesländern dürfen diese Angebote auch nicht beworben werden, so die Ansicht der Hamburger Aufsicht. In mehreren deutschen Fernsehsendern werden zurzeit allerdings regelmäßig Werbeclips für Online-Casinos ausgestrahlt, empfangbar auch in Hamburg. Die Casinos tragen Namen wie "DrückGlück". Versehen sind die Clips mit dem Hinweis, dass sich das Angebot nur an Spieler in Schleswig-Holstein richtet. Der Sender äußerte sich dazu nicht. Allerdings - das haben Recherchen des NDR und der "Süddeutschen Zeitung" belegt - nutzten Anbieter diese Werbung in der Vergangenheit offenbar auch, um Spieler aus anderen Bundesländern in ihre Online-Casinos zu locken. Das sorgte bereits für Ärger zwischen den Bundesländern.

NDR Recherchen: Anbieter "Drück-Glück" wirbt bundesweit

Wie einige Casinos die Werbung nutzen, zeigt eine NDR Recherche zum Anbieter "Drück-Glück": In bundesweit ausgestrahlten Werbeclips bewirbt "Drück-Glück" sein Casino mit der Lizenz aus Schleswig-Holstein. Auf einer zweiten Seite, die nahezu identisch aussieht sowie dieselbe Kontakt-Adresse verwendet, können sich auch Spieler aus anderen Bundesländern anmelden und um echtes Geld spielen. Offiziell betreiben zwei unterschiedliche Firmen - beide mit Sitz in Malta - die beiden Seiten. Wer einfach nach der Marke "Drück-Glück" im Internet sucht, landet bei der zweiten, illegalen Seite ohne Lizenz. Der Anbieter äußerte sich auf Anfrage dazu nicht. Das Innenministerium Schleswig-Holstein teilte auf Anfrage mit, man werde den Sachverhalt prüfen.

Hamburg zweifelt an Gültigkeit des Kieler Gesetzes

Die Hamburger Glücksspielaufsicht hat nun die für Hamburg und Schleswig-Holstein zuständige Medienanstalt aufgefordert, tätig zu werden. Werbung für illegales Glücksspiel sei strafbewährt, sodass "Medienunternehmen dann mit möglichen Strafverfolgungsmaßnahmen rechnen müssen", heißt es in einem Schreiben. Auf Anfrage erklärte ein Sprecher der Hamburger Innenbehörde, dass man die Ansicht teile, dass Anbieter die in Schleswig-Holstein zulässige Werbung nutzen, um im gesamten Bundesgebiet um Spieler zu buhlen. Man gehe zudem davon aus, dass diese Werbung in Hamburg weiterhin verboten sei.

Innenministerium in Schleswig-Holstein zeigt sich verwundert

Das Innenministerium in Schleswig-Holstein nahm die Beschwerde "mit Verwunderung zur Kenntnis", wie es in einem Antwort-Brief heißt. Man habe weitreichende Regelungen zur Werbung von Online-Casinos erlassen, auch um andere Länder zu schützen, argumentiert das Innenministerium in Kiel weiter. Der Streit wird dabei nicht nur zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein geführt. Nach Informationen des NDR wurden bundesweit die Glücksspielaufsichtsbehörden und Landesmedienanstalten über das Thema informiert. Ein Sprecher der Medienanstalt Hamburg/Schleswig-Holstein sagte, man wolle noch im September mit den anderen Ländern darüber diskutieren, "ob bei offensichtlichen Verstößen nicht doch auch direkt medienrechtlich eingegriffen werden kann".

Mehr Informationen im NDR Programm

Mehr Informationen zum Thema gibt es von den Autoren Philipp Eckstein, Jan Lukas Strozyk und Jon Mendrala bei NDR.de und tagesschau.de, im Hörfunk bei NDR Info und NDR 90,3 sowie im Fernsehen bei NDR Aktuell und ab 19.30 Uhr im NDR Hamburg Journal.

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