Stand: 28.08.2024 11:05 Uhr

NDR ZAPP-Umfrage: Wenig Vertrauen in deutsche Berichterstattung zum Gaza-Israel-Krieg

Eine repräsentative Umfrage von Infratest Dimap für das NDR Medienmagazin ZAPP zeigt: Fast die Hälfte der Befragten (48 %) hat wenig oder gar kein Vertrauen in die deutsche Berichterstattung zum Krieg in Gaza und Israel. 38 % der Befragten empfinden die Berichterstattung als ausgewogen. Gleichzeitig glaubt fast jeder Dritte (31 %), dass deutsche Medien zu sehr Partei für Israel ergreifen, während 5 % der Meinung sind, die Berichterstattung bevorzuge die palästinensische Seite.

Medienforschung: Misstrauen geht über allgemeines Grundmisstrauen hinaus

Nach Einschätzung der Kommunikationswissenschaftlerin Prof. Carola Richter von der Freien Universität Berlin gehen diese hohen Misstrauenswerte über das ohnehin schon bestehende Grundmisstrauen in Medien hinaus: „Das deutet darauf hin, dass in der Berichterstattung ein Problem besteht, wenn es darum geht, Glaubwürdigkeit bei den Rezipient*innen zu schaffen.“ 

ARD-Chefredakteur Oliver Köhr äußert sich im ZAPP-Interview ebenfalls besorgt: „Ich finde, das sind erschreckende Zahlen“. Auf die Frage, wie er sich den Eindruck der Unausgewogenheit erklärt, antwortet er: „Es gibt mit Sicherheit ganz viele Gründe. Einer mag auch sein, dass in diesem Konflikt in der Nahostfrage sehr viele Menschen nach meinem Eindruck sehr fest auf einer Seite stehen und es deswegen auch schwierig ist, in deren Augen objektiv zu berichten.“ 

ZAPP-Dokumentation geht Kritik nach

Das NDR Medienmagazin ZAPP mit den Autorinnen und Autor Noura Mahdhaoui, Klaas-Wilhelm Brandenburg und Atiena Abednia (Redaktion: Katharina Schiele) nimmt diese Ergebnisse zum Anlass, in einer Dokumentation am 28. August der Frage nachzugehen, woher das Gefühl der Unausgewogenheit kommt. Die ZAPP-Dokumentation „Vertrauen verloren? Deutsche Medien und der Krieg in Gaza und Israel“ beleuchtet die am häufigsten genannten Kritikpunkte: eine fehlende Perspektivenvielfalt, Diffamierungsversuche palästina-solidarischer Stimmen in bestimmten Medien und journalistische Fehler. Fundierte wissenschaftliche Aussagen zur Qualität und Ausgewogenheit der Berichterstattung insgesamt gibt es bislang nicht, aber es wird deutlich: Jeder einzelne Fehler wiegt bei diesem Thema besonders schwer. In den sozialen Netzwerken verselbständigt sich die Kritik an „den Medien“ und führt teilweise dazu, dass ausgewogene Berichte nicht mehr wahrgenommen werden. 

Im Film kommen verschiedene Perspektiven zu Wort. Wie blicken beispielsweise Menschen mit palästinensischem Hintergrund auf die Berichterstattung? Dazu sprechen sie mit Stand-Up Comedian Abdul Chahin und Aktivistin Jouanna Hassoun. Aus Chahins Sicht fühlen sich viele Palästinenser und Palästinenserinnen in der deutschen Berichterstattung nicht wahrgenommen: „Als ginge es nicht um Leben und Tod. Die Berichterstattung wirkt oft so distanziert, fast herzlos.“ Die deutsch-palästinensische Aktivistin Jouanna Hassoun betont die Verantwortung der Medien: „Die Medien tragen eine große Verantwortung, möglichst viele Menschen mitzunehmen, damit wir vor allem junge Menschen nicht an Fake News verlieren.“

Auch Meron Mendel, Direktor der Bildungsstätte Anne Frank, äußert sich im ZAPP-Interview. Er findet es wichtig, über die Berichterstattung zu diskutieren und sie zu kritisieren, doch er warnt davor, in Verschwörungsmythen zu verfallen: „Sicherlich ist es öfter auch schief gelaufen, weil es einfach eine sehr schwierige Situation ist. Aber ich würde zu keiner Sekunde hier die These aufstellen: Es gibt hier eine geplante Kampagne, um die Meinung in der Bevölkerung in Deutschland auf die eine oder auf die andere Seite zu manipulieren.“ Weitere Stimmen in der Dokumentation sind der Journalist Ronen Steinke (Süddeutsche Zeitung), die freie Journalistin Kristin Helberg und der ARD-Auslandskorrespondent Christian Limpert (ARD-Studio Tel Aviv).

Sendehinweis: ZAPP "Vertrauen verloren? Deutsche Medien und der Krieg in Gaza und Israel" 28. August 2024 um 23:15 Uhr im NDR-Fernsehen, ab 11 Uhr in der ARD-Mediathek und ab 16 Uhr auf dem ZAPP YouTube-Kanal.

28. August 2024/ ASR

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