Stand: 12.03.2014 12:02 Uhr

NDR Info: Mehr Aufträge für US-Spionage-Dienstleister aus Norddeutschland

Ein umstrittener US-Spionagedienstleister hat in weit größerem Umfang Millionenaufträge norddeutscher Bundesländer bekommen als bislang bekannt. Nach Recherchen des Radioprogramms NDR Info beschäftigen auch Hamburg und Bremen die CSC Deutschland Solutions für IT-Projekte. Der amerikanische Konzern CSC gilt als zentraler IT-Dienstleister des US-Geheimdienstes NSA und war an Entführungsflügen der CIA beteiligt.

Dass die Deutschland-Tochter der CSC auch Millionenaufträge des Bundes für heikle IT-Projekte bekam, sorgte bereits vor Monaten für Kritik. Jetzt ist klar: Auch drei norddeutsche Bundesländer haben der Firma für Datenprojekte im Verwaltungsbereich als Subunternehmer der deutschen Dataport Aufträge erteilt. Aus Bremen flossen seit 2011 rund 360.000 Euro an CSC, aus Hamburg sogar 6,9 Millionen, wie die Finanzbehörden der beiden Städte NDR Info mitteilten. Vergangene Woche hatte das "Schleswig-Holstein Magazin" des NDR berichtet, dass CSC aus Kiel Aufträge in Höhe von mindestens 1,5 Millionen Euro bekam. Damit beschäftigt sich am Mittwochnachmittag der Innenausschuss des Landtags.

Der Landesdatenschutzbeauftragte sowie Grüne und Piraten in Schleswig-Holstein befürchten, dass US-Dienste CSC nutzen könnten, um Zugang zu deutschen Netzen zu bekommen. Patrick Breyer, Landtagsabgeordneter der Piraten, fordert ein Ende Zusammenarbeit mit dem Konzern. Er sehe einen "extremen Interessenskonflikt", wie er NDR Info sagte: "Wenn man einen Konzern gleichzeitig damit beauftragt, uns auszuspähen und unsere IT sicher zu gestalten, kann das nicht funktionieren."

Nach Ansicht von Rasmus Andresen, Fraktionsvize der Grünen, "gibt es moralische Maßstäbe, denen wir als Land auch gerecht werden müssen. Wir können nicht auf der einen Seite kritisieren, dass Geheimdienste eine zwielichtige Sicherheitspraxis an den Tag legen und auf der anderen Seite dann gleichzeitig mit Firmen kooperieren, die die Geheimdienste bei dieser Arbeit unterstützen." Die betroffenen Landesregierungen erklärten, CSC habe sich zu Geheimhaltung und Datenschutz verpflichtet und bekomme keinen Zugang zu sensiblen Daten.

Auch der Hamburger Datenschutzbeauftragte prüft die Aufträge an CSC derzeit und hat vom Senat Auskünfte verlangt. Die Linke in der Bürgerschaft drängt auf Transparenz. Der Senat müsse "sofort reinen Tisch machen", sagte die Linken-Abgeordnete Christiane Schneider NDR Info. "Es wäre völlig unverantwortlich, dem Hoflieferanten der NSA freiwillig die Daten der Hamburgerinnen und Hamburger in die Hand zu geben."

CSC war im vergangenen November bundesweit in die Kritik geraten, nachdem das NDR/SZ-Rechercheprojekt "Geheimer Krieg" über Millionenaufträge von Bundesregierung und Bundeswehr an den Konzern berichtet hatte. Die Firma war auch an heiklen Projekten beteiligt, wie dem Nationalen Waffenregister, dem elektronischen Personalausweis und der E-Akte. Der Komplex soll nach Willen der Oppositionsparteien auch Thema im geplanten NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages werden.

12. März 2014/RC

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