LKA Niedersachsen vermutet hohe Dunkelziffer beim Menschenhandel
Das Landeskriminalamt (LKA) Niedersachsen befürchtet, dass mehr Frauen Opfer von Menschenhandel sind, als bislang bekannt. Nach Informationen des NDR Fernseh-Regionalmagazins "Hallo Niedersachsen" ist im internen polizeilichen Lagebericht für das Jahr 2014 zwar nur von 50 Opfern die Rede, die bei Ermittlungen zum Menschenhandel festgestellt wurden. Doch diese Zahl dürfte bei weitem nicht der Realität entsprechen. "Wir haben hier in Niedersachsen ein paar Tausend Prostituierte, da sind 50 Frauen sehr wenig", sagte der Abteilungsleiter für Organisierte Kriminalität im LKA, Christian Zahel, in "Hallo Niedersachsen". Es sei für die Polizei schwierig, Menschenhandelsopfer auszumachen und die Täter zu überführen.
Im Lagebericht wird aufgeführt, dass 80 Prozent der festgestellten Frauen ausländische Opfer seien, vor allem Frauen aus Bulgarien und Rumänien. Mehr als die Hälfte seien zwischen 18 und 20 Jahren alt gewesen. Die meisten der registrierten Opfer wurden in Bars oder Bordellen ermittelt - nur wenige in so genannten Love-Mobilen und der Straßenprostitution. 34 Prozent der vermuteten Täter stammten aus Bulgarien, 22 Prozent aus Deutschland.
Im Lagebericht heißt es weiter, dass aufgrund der bestehenden Gesetzeslage Verurteilungen im Bereich des Menschenhandels nur sehr schwierig zu erlangen seien.
Niedersachsens Justizministerin Antje Niewisch-Lennartz (Grüne) fordert deshalb eine grundsätzliche Reform des Paragrafen 232 im Strafgesetzbuch. Gegenüber "Hallo Niedersachsen" sagte sie: "Ich bin der Überzeugung, dass man Freier bestrafen muss, die wissen, dass sie es mit einem Opfer von Menschenhandel zu tun haben. Dazu kann es keine Alternative geben." Sie fordert vom Bundesjustizministerium, das Gesetz zu vereinfachen.
Ihre Kritik: Zurzeit sei ohne eine Aussage der oft traumatisierten Frauen eine Verurteilung quasi nicht möglich. "Wir brauchen Normen, die weniger darauf abgestellt sind, dass eine Prostituierte vor Gericht eine Aussage macht." Die niedersächsische Justizministerin schlägt vor, dass auch Tatsachen als Beweise für Menschenhandel ausreichen sollten - etwa, wenn ein Zuhälter einer Prostituierten den Pass abgenommen hat.
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29. Juli 2015
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