Das doppelgesichtige Papstgeschenk

von Branka de Veer

Am 26. März 1973 besuchte Bundespräsident Gustav Heinemann das Kirchenoberhaupt Papst Paul VI. im Vatikan. Während der Audienz wurden Geschenke ausgetauscht, darunter der Doppelgesichtige Steinkopf, eine Skulptur von Ulrich Beier. Dieses Ereignis trug erheblich zu Beiers Reputation bei. Es folgten ein Auftrag für den Amtssitz im Berliner Schlosspark Bellevue und Ausstellungsbeteiligungen in Berlin und Bonn. Die Förderung durch das Bundespräsidentenpaar galt jungen Künstler*innen, sie hatte Tradition und wurde auch kritisch kommentiert.*(1)

 

Hamburger Künstler in der Villa Hammerschmidt

Am Mittwoch, den 3. Mai 1972 wurde die Ausstellung in der Bonner Residenz unter der Schirmherrschaft von Hilda Heinemann eröffnet, sie dauerte zwei Monate und war die zehnte dieser Art. Werke von Ulrich Beier wurden gemeinsam mit den Malereien seines Hamburger Kollegen Jan Voss gezeigt, der mittlerweile in Paris lebte und arbeitete. Die Ausstellungen waren gut besucht. Seit dem Amtsantritt von Gustav Heinemann kamen rund 47.000 Gäste in das Haus des Bundespräsidenten, wobei hier sicher das Interesse an der privaten Umgebung seinen Anteil hatte. *(5)

 

Das Doppelgesicht in Rom

Mit dem Doppelgesichtigen Steinkopf gelangte ein charakteristisches Werk Ulrich Beiers in die Vatikanischen Sammlungen. Er schrieb darüber: „Bei meinen freien Arbeiten gibt es eine Anzahl durchgehender Motive, die ich mir nicht von vornherein selbst ausgesucht und vorgenommen habe, von denen aber eine so starke Anziehungskraft ausgeht, dass ich mich immer wieder mit ihnen befassen muss.“*(6) Beier interpretierte mit seinen Doppelköpfen das klassische Janus-Motiv. Der römische Gott Janus blickt in der gängigen Darstellung gleichzeitig nach vorne und nach hinten, in der griechischen Mythologie verkörpert er den Übergang, Anfang und Ende. Die Zeremonie der Geschenkübergabe des Doppelgesichtigen Steinkopfes im Vatikan wurde landesweit in der Tagesschau übertragen, das Publikum sah allerdings nur die Rückseite der Verpackung, nicht aber das Kunstwerk.*(7)

 

Die Skulptur "Triade" von Ulrich Beier am NDR Rothenbaum in Hamburg. © Ulrich Beier

Ulrich Beier: Triade (1963)

Ulrich Beier schuf 1963 im Auftrag des NDR eine abstrakte Bronzeplastik aus drei durchbrochenen Elementen. mehr

Blick auf den Haupteingang des Funkhauses an der Rothenbaumchaussee. © NDR Foto: Andrea Völker

Rundgang Rotherbaum

Das Rundfunkareal hat erstmals eine historische Aufarbeitung erfahren. Der Rundgang skizziert eine Spurensuche nach Kunst-, Architektur- und Stadtgeschichte. mehr