Tag 9: Dem Ende entgegen

Letzter Drehtag! Und der erste Außendreh bei fiesen 3° Celsius und wunderschön grauem Himmel; wirklich wunderschön, weil es perfekt zum Drehbuch passt. In den zu drehenden Szenen sucht Ulrich verzweifelt nach seiner Ehefrau und findet sie gefährlich nah an einer sechsspurig befahrenen Straße. Und dafür gibt es bei unserem eher ruhigen Film eine kleine Actionszene: Ulrike alias Ilse Weber betritt die Bürgersteigkante, ein Auto rauscht hupend an ihr vorbei und Ulrich reißt sie gerade so von der Straße weg. Dabei ist gutes Timing zwischen Autofahrer Roman, Kamera starten, Darsteller und Kamerabewegung extrem wichtig.

Auch sonst steht heute ein straffes Programm an, 14 Einstellungen sind zu drehen, der Großteil von der Schulterkamera (20 kg!), während die Kälte unerbittlich selbst durch viele Lagen Kleidung kriecht. Und die Darsteller müssen die Szene im Schlafanzug spielen! Alle Tricks müssen wir hierfür aufwenden, wie lange Unterhosen, warmer Tee, Leute, die Jacken und Decken halten, wenn sich Darsteller kurz für die Aufnahme ausziehen und dann gleich nach dem „Danke“ wieder anziehen, und im Auto ist Standheizung zum wieder Aufwärmen an.

Doch wir kommen gut voran, die gute Vorbereitung wird belohnt. Dazu können wir endlich einmal ein großes Set genießen. Während an einem abgedrehten Ort noch Atmos und Geräusche aufgenommen werden, kann gleich die nächste Szene eingerichtet und mit der Kamera geübt werden. Trotz der Kälte ist dadurch die Stimmung super.

Um 17:00 Uhr, das Licht wird langsam wieder schwächer, können wir das erste Mal klatschen: Ulrike Hanke-Hänsch ist abgedreht. Nur noch zwei kurze Einstellungen – mit der Schulterkamera Günter beim Rennen begleiten – dann große Spannung: der letzte Fusselcheck. Franzi, Kai-David und Jens beugen sich über die Optik der Kamera, das Team steht drum herum, Zitat Günter: “Sagt nicht das F-Wort!“ Und dann: „Sauber“, „Drehschluss“, „Der Film ist abgedreht“ und alle fallen sich in die Arme. Die Kälte weicht aus dem Körper und es dringt Wärme ins Herz.

Alle sind froh, dass wir heute trotz des Wetters gedreht haben und die Dreharbeiten damit abgeschlossen haben. Das wird dann auch zünftig bei einem Getränk und Abendessen gefeiert, Saskia (Pflegerin Marie) stößt dabei zu uns und so klingt der Abend sanft, mit Heiterkeit und ohne große Traurigkeit aus. 

Zeit, für einen kleinen Ausblick: 560 Meter, also fast 50 Minuten, Filmmaterial wurde belichtet und 2 Stunden und 35 Minuten vom Ton aufgenommen. In den nächsten Tagen ist Rückbau von Technik, Kostüm, Maske und Requisite. Die restlichen Filmrollen werden entwickelt, das Material wird abgetastet und geschnitten, Mahlers Komposition „Ich bin der Welt abhanden gekommen“ wird neu eingespielt, schließlich wird der Ton gemischt und die Farbgestaltung des ganzen Film bestimmt (wir werden überall diese Dinge hier im Internet berichten), bis irgendwann – irgendwann der Film fertig ist, wir alle wieder zusammen kommen können und bei der Premiere tief in den Kinosesseln das Gesamtwerk bewundern können. Ein langer Weg, aber eine Riesenstrecke haben wir bis heute schon zurück gelegt.

 

VIDEO: Der Welt abhanden - Tag 9 ( Min)

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