Stand: 26.10.2012 12:31 Uhr

Band Live Recording

von Alexander Dobslaw

Band Live Recording

Eine Band in hochwertiger Ton- und Bildqualität aufzeichnen - das war das Ziel. Ein spannendes Ausbildungsprojekt für Mediengestalter und Veranstaltungstechniker. Das neuste Ergebnis der Produktion ist das Musikvideo "Tapetenwechsel" der Band Funke. Was auf dem Weg dahin nötig war, gibt es hier zu lesen.

 

Vorbereitungen

Die Idee für ein Bandprojekt entwickelte sich schon zu Beginn meiner Ausbildung. Anfang des 3. Lehrjahres, ging ich mit meinem Projektbetreuer Johannes Hoppe die konkrete Planung an, um das Projekt im August 2012 im Ausbildungsstudio zu starten. Die Band „Funke“ aus Berlin und Bielefeld erklärte sich freundlicherweise bereit, für die Aufnahmen anzureisen.

Bei der Tontechnik wurde ich von Martin Ritter unterstützt. Eine Live-Band bietet natürlich auch interessante Möglichkeiten für die visuelle Umsetzung mit mehreren Kameras. Deshalb erweiterte ich das Projekt frühzeitig um den Bild-Bereich: Dennis Schröder, Tim Corleis und Susan Kopp schlossen sich als Kameraleute an. Die angehenden Veranstaltungstechniker Bastian Rättig und Beke Lüdtke übernahmen die Lichttechnik.

In der Vorbereitung musste geklärt werden, welchen Umfang das Projekt haben soll: Welches Equipment ist vorhanden, welche Technik muss zusätzlich geliehen werden? Gemeinsame Termine mussten gefunden, ein LKW-Transport organisiert und weitere dispositorische Dinge entschieden werden.

Mein Fokus lag von Beginn an auf der Tontechnik und der Musikproduktion. Besonderen Wert legte ich dabei auf eine qualitative Mikrofonierung, um in der anschließenden Mischung möglichst viele Optionen zu haben. So verfasste ich auf Basis der Bandbesetzung (Gesang, Akustik-, E-Gitarre, E-Bass und Schlagzeug) einen Mikrofonplan. Zu dem Bestand in der Ausbildungsabteilung, stellte uns die Hörfunk- und Fernsehausrüstung daraufhin weitere Mikrofone und Technik zur Verfügung. Darunter befanden sich legendäre Studiomikrofone, bei denen jeder Tontechniker ins Schwärmen gerät.

Bei Studioproduktionen ist es üblich, dass Musiker nacheinander einspielen, oder in getrennten Räumen. Doch das Konzept des gemeinsamen Spielens, die Energie die zwischen Musikern in einem Raum entsteht, war mir besonders wichtig. So wurde die Band kreisförmig positioniert, um eine intime Studioatmosphäre zu schaffen. Als Inspiration dienten unter anderem die Live Sessions aus den Abbey Road Studios in London.

Das Projekt beginnt...

Beim Beladen des Lkws. © NDR Ausbildung
Beim Beladen des Lkws.

Am Freitag vor dem Aufnahmewochenende, galt es das Ausbildungs- in ein Tonstudio zu verwandeln. Der Tag begann mit der LKW-Beladung: Mischpulte, Kabelkisten, Monitore, Stative, Splitter, Mikrofone usw. mussten transportiert werden. Anschließend begann der Aufbau und die Verkabelung im Studio und der Tonregie, um optimal auf die Anreise der Band am nächsten Tag vorbereitet zu sein.

Samstag

Das Ziel des Tages war es, sämtliche Vorbereitungen und Proben durchzuführen, um am Sonntag fit und ausgeschlafen die eigentlichen Aufnahmen zu beginnen. Der Samstag begann mit dem Aufbau des Drumsets, dessen Mikrofonierung naturgemäß die meiste Zeit in Anspruch nimmt. Für die „Overheads“, die den Gesamtklang des Schlagzeugs aufzeichnen, wählte ich eine ORTF-Mikrofonierung. Weitere Stereofoniearten kamen bei den Raummikrofonen im Groß-AB und der Akustikgitarre mit XY-Aufbau zum Einsatz. Das Wissen aus dem Stereofonie-Seminar im 2. Lehrjahr war hier sehr nützlich.

Die restliche Band nutzte die Stunden der Schlagzeugmikrofonierung, um auf umliegenden Flohmärkten Orientteppiche zu besorgen. Diese dienten auf dem kahlen Studioboden nicht nur der Atmosphäre, sondern hatten aufgrund ihrer dämmenden Wirkung auch klangliche Vorteile. Zusätzlich stellten wir eine Trennwand neben Sänger Tobias, um den lauten Direktschall des Schlagzeugs abzudämpfen. 

Mikrofone vor einer Lautsprecherbox. © NDR Ausbildung
Mikrofone vor einer Lautsprecherbox.

Die akustische Trennung ist wichtig, um möglichst „saubere“ Mikrofonsignale, mit wenig Übersprechen anderer Instrumente zu realisieren. Aus diesem Grund mikrofonierten wir auch die Lautsprecherbox des Gitarrenverstärkers in einem isolierten Nebenraum. Der Bass wurde direkt über eine DI-Box aufgezeichnet.

Martin am Monitor-Mischpult, im Hintergrund Kopfhörerverstärker. © NDR Ausbildung
Martin am Monitor-Mischpult, im Hintergrund Kopfhörerverstärker.

Damit die Musiker im Studio sich und ihre Instrumente hören können, bedarf es einem guten Monitoring: Da wir alle Signale im Studio gesplittet haben, konnte auf einem separaten Mischpult für jeden Musiker ein individueller Kopfhörer-Mix erstellt werden.

Splitter © NDR Ausbildung
Splitter

Die gesamten 34 Audiosignale wurden über eine Querverbindung vom Studio in die separate Tonregie geschickt, dort über eine analoge Konsole verstärkt und ohne Klangbearbeitung mit einem ProTools-System aufgezeichnet. So konnten alle Einzelsignale „roh“ aufgezeichnet werden, um sie später mischen zu können. Zusätzlich konnte ich während die Band spielte, eine Live-Mischung erstellen.

Zwei junge Männer in der Tonregie. © NDR Ausbildung
Zwei junge Männer in der Tonregie.

Immer wieder verglichen wir Mikrofone an den Instrumenten, hörten in der Tonregie, variierten Positionen, bis wir einen gewünschten Klang erreicht hatten. Wenn die Geschmäcker auseinandergingen, haben wir oft einfach mehrere Varianten beibehalten, um unterschiedliche Charakteristiken einzufangen.

Bastian beim Ausrichten der Deckenscheinwerfer © NDR Ausbildung
Bastian beim Ausrichten der Deckenscheinwerfer

Als der tontechnische Teil abgeschlossen war, konnte in Absprache mit den Kameraleuten das Licht gesetzt werden. Jedes Bandmitglied wurde individuell mit Weißlicht eingeleuchtet. Mit farbigen LED-Leisten im Hintergrund wurde eine effektvolle Kante gesetzt.

Die Wahl des Kameratyps fiel auf die zur Zeit populären DSLR-Kameras. Der besondere Look, bedingt durch den großen Bildsensor (ähnlich 35mm-Film), und die file-basierte Full HD-Aufzeichnung in der Kamera waren für uns entscheidend.
Zum Ende des Tages wurden die Songs einige Male geprobt und die Kameraleute konnten passend zur Musik, Positionen und Abläufe üben und festlegen. Die Handlichkeit der kleinen Kameras, stellte sich beim engen Studioaufbau als Vorteil heraus. Eine vierte Kamera wurde mit einer speziellen Halterung an den Deckentraversen befestigt.

Sonntag - Tag der Aufnahme

Wie bei der klassischen Filmproduktion wurde vor jedem Take die „Klappe geschlagen“. Damit ließen sich in der Post-Produktion die Videos der vier Kameras einfach synchronisieren. 
Durch die intensiven Vorbereitungen konnten die drei geplanten Titel mit jeweils bis zu vier Takes zügig aufgezeichnet werden. 
Anschließend wurden die Instrumente und Technik wieder zurückgebaut, in Rollwagen und Cases verpackt. Am nächsten Morgen kam der LKW zum Rücktransport und das Ausbildungsstudio war wieder frei für die nächste Produktion.

Post-Produktion

In der Nachbearbeitung hat Dennis Schnitträume der Ausbildungsabteilung genutzt. Im Multikamera-Schnitt entstanden aus dem Kameramaterial drei fertige Filme.

Obwohl das Tonmaterial schon klanglich gut war, ist die anschließende Mischung entscheidend für den Sound der Live-Session. Dafür nahm ich mir einige Wochen Zeit, um das Beste aus den Aufnahmen herauszuarbeiten. Im Mix kamen 33 Equalizer, 18 Kompressoren, 2 Limiter, 6 Gates, 3 Reverbs und weitere Effekte zum Einsatz.
Es zeigte sich auch der Vorteil mehrerer Mikrofone an unterschiedlichen Positionen: Am Beispiel des E-Gitarrensounds war nahezu keine Filterung notwendig, da sich der Gesamtklang effektiv über das Mischungsverhältnis der Mikros regeln ließ.

Fazit

Das Mehrkamera-Material kann nun in der Ausbildung für Schnittseminare genutzt werden. Die hochwertigen Einzelspuren der Tonaufnahme stehen für Ausbildungszwecke oder interne Mixing-Workshops zur Verfügung.

Für mich war das Projekt ein großes Highlight meiner Ausbildung und für alle Beteiligten eine spannende Erfahrung!

Alexander Dobslaw - Lo 10/12

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